Eines der allerbesten Gewürzkräuter ist der Estragon. Warum man ihn hierzulande fast überhaupt nicht mehr bekommt, ist völlig unverständlich – ein Plädoyer für eine Verbreitung dieser Köstlichkeit!

In Frankreich, aber auch in Georgien und vielen anderen Ländern ist Estragon eine hoch geschätzte und unverzichtbare Kochzutat. Bei uns kommt er allenfalls im klassischen Estragonsenf vor – dort allerdings nur in getrocknetem Zustand und ohne ausgeprägtem Aroma.

Wenn überhaupt, ist es das getrocknete Produkt, das hierzulande erhältlich ist. Doch geht beim Trocknen Vieles von der aromatischen Fülle und Komplexität verloren – handelt es sich doch bei den Aromen von Gewürzkräutern meist um flüchtige, ätherische Öle.

Hie und da findet man das Kraut in Töpfen. Doch meistens ist es völlig geschmacklos, da es sich dabei um den sogenannten russischen Estragon handelt. Das volle Aroma besitzt nur der französische Estragon (Artemisia dracunculus sativa), der leider nicht über Samen, sondern nur über Ableger vermehrt werden kann.

Fragt euren Gärtner oder Händler explizit nach französischem Estragon!

Gottseidank verfügt Kochgenosse Albert Winkler über eine riesige Staude vom Franzosen in seinem Garten, wo sie seit Jahren prächtig gedeiht.

Bei unserem Rezept versuchen wir bewusst, die aromatische Qualität von Estragon möglichst pur zur Geltung zu bringen. In Frankreich würde man für die Sauce vielleicht auch Schalotten anschwitzen und etwas Estragonsenf dazugeben. Kann man machen, muß man aber nicht, wenn man reichlich frischen Estragon bester Qualität zur Verfügung hat.

Wo wir allerdings ganz bei den Franzosen sind, ist das Ablöschen der Bratrückstände mit Alkohol. Klassischer Weise mit einem Noilly Prat – das ist ein trockener, heller Wermut aus Südfrankreich – ideal für Huhn und Fisch! Sogar in vielen heimischen Supermärkten ist er problemlos zu bekommen.

Und dann braucht man dafür nur noch frisches Obers (Sahne), und zwar das flüssige Schlagobers mit 36% Fettgehalt. Alles was hierzulande als Creme fraiche verkauft wird, verweigern wir aus Erfahrung.

Diese Obers-Sauce lässt man solange köcheln, bis die richtige, sämige Konsistenz erreicht ist.

Als Beilage passen Bandnudeln, wie Pappardelle, oder einfach eine frische Baguette. Spargel passt als Gemüse gut dazu.

Dieses Rezept ist nicht das klassische Poulet à l’estragon, das ja im Rohr geschmort wirdsondern eine Eigenkreation, bei der es um blitzschnelle Zubereitung und extremes Kurzbraten geht.

 

Zutaten für 4-5 Portionen:

  • 8 ausgelöste Oberkeulen vom Bio-Freilandhenderl (insgesamt ca. 800 g)
  • ca. 10 große Stängel frischer Estragon oder mehr (ersatzweise getrockneter Estragon)
  • ca. 80 ml Noilly Prat (ersatzweise trockener Weißwein)
  • 400 ml Schlagobers (frische Sahne 36%)
  • 1 gehäufter TL Mais-Stärkemehl (Maizena)
  • Butterschmalz oder Öl zum Anbraten
  • Salz & Pfeffer

Zubereitung:

  • Keulenfleisch der Länge nach halbieren und diese Hälften dann dritteln
  • die Fleischstücke in einer Schüssel mit 2 TL Salz, 1 TL Maisstärke und 2 EL Noilly Prat gut vermischen und kurz ziehen lassen
  • in Butterschmalz oder Öl scharf aber kurz anbraten, sodass die Stücke leicht gebräunt, aber innen noch leicht rosa sind (die Maisstärke sorgt für eine rasche Bräunung)
  • Fleisch aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen. Die Bratrückstände mit Noilly Prat ablöschen, kurz reduzieren und dann mit Obers (Sahne) aufgießen
  • köcheln lassen bis die Sauce nicht mehr ganz flüssig ist, sondern beginnt, sämig zu werden. Das kann einige Minuten dauern. Dabei immer wieder rühren, besonders an den Rändern der Pfanne
  • dann mit Salz & Pfeffer abschmecken
  • Estragon-Blätter von den Stängeln rebeln (das geht leicht mit einer Wischbewegung über die Zweige von oben nach unten). 1/3 der Blätter ganz lassen, 2/3 fein hacken
  • Estragon und die Fleischstücke zur Sauce geben und ca. 2 min darin köcheln
  • die ganzen Blätter als Topping obenauf geben
  • vor dem Servieren die Sauce noch einmal gut aufrühren