Was die Kochgenossen im “Sichuan” essen:
- Alles, was auf der Karte unter der Rubrik “für Chinesen” steht. Besonders die Vorspeisen, wie Fuqi Feipian (Rindfleischscheiben in Chiliöl) oder das kalte “Huhn mit 1000 Geschmacksrichtungen” sind sehr gut.
- Auch bei den Hauptspeisen gibt es authentisch zubereitete Gerichte, was auf der Karte extra ausgewiesen ist. Leider sind die Originalnamen der Gerichte nur in chinesischen Schriftzeichen angeführt. Positiv aufgefallen ist uns der “Schweinefleischtopf”, die “geräucherte Ente” und ein Gericht, das bei empfindlichen Gemütern einen Schockzustand auslösen kann: gestocktes Schweineblut (Bluttofu), Darm, Kutteln, Tintenfisch und (man staune!) – Spam! Jenes berüchtigte “Frühstücksfleisch” oder “Corned Beef” aus der Dose. All das schwimmt in einer dunkelroten Sauce mit viel Chiliöl und ist durchaus gut. Nicht viele Nichtchinesen haben das bisher bestellt. Wie uns der Klellner nachher erzählt, war man sich in der Küche ganz sicher, dass da ein Tisch mit Chinesen bestellt hat – doch es waren die Kochgenossen.
Die Mutter der authentischen Chinesischen Küche in Wien
Das prächtige Restaurant mit seinem 6000 Quadratmeter großen chinesischen Garten samt Springbrunnen, Teichen, Brücken und Pavillons wurde schon Anfang der 1980er-Jahre direkt durch die Volksrepublik China im Wiener Donaupark errichtet.
Man wollte besonders für die chinesischen Beamten und Besucher der nahegelegenen UNO-City ein adäquates Restaurant zur Verfügung stellen, dessen man sich aus chinesischer Sicht nicht schämen musste. Denn was zu dieser Zeit bei den chinesischen Restaurants der Stadt angeboten wurde, war für echte Chinesen nicht zumutbar. Deren Speiseangebot hatte nichts mit dem zu tun, was man aus China kannte, sondern war eine völlig verflachte und verfälschte Küche, von der man annahm, dass sie den Westlern schmeckte. Zudem waren die ausgewanderten Chinesen, die diese Lokale betrieben fast niemals ausgebildete Köche und hatten meist keine Ahnung vom Kochen, sondern kopierten recht und schlecht das, was die anderen kochten, die schon vor ihnen da waren.
Ganz anders jedoch im China Sichuan Restaurant: Die Köche, die dort engagiert wurden, waren vermutlich die ersten in Wien, die wirklich kochen konnten. Sie mussten sich schon zuhause in China bei strengen und langwierigen Auswahlverfahren bewähren, bevor sie nach Wien geschickt wurden. Schließlich ging es um die Präsentation chinesischer Kultur im Westen.
Einige der Köche dieses Restaurants haben sich im Lauf der Zeit selbstständig gemacht und ihre eigenen Restaurants in der Stadt gegründet: So zum Beispiel Meister Xiao im 18. Bezirk oder Jiang Feng mit dem Ostwind in der Lindengasse. So gesehen haben wir es dem staatlich gegründeten “Sichuan” zu verdanken, dass die Dichte von authentischen chinesischen Küchen in Wien’s Restaurantszene ganz besonders hoch ist.