Die Hühnerbrust ist eh so ein problematisches Teil!
Allzu oft bekommt man sie hart, fasrig und trocken; und es ist nicht leicht, sie zart und saftig hinzubekommen, denn ohne Haut und Fett ist das nackte Fleisch ungeschützt vor hitzebedingtem Auswaschen oder Austrocknen.
Doch viele Konsumenten essen überhaupt nur die Brust, wie man am überbordenden Angebot der Supermärkte erkennen kann: Nur mehr ausgelöste und enthäutete Brüste, portioniert in Blisterpackungen; allenfalls noch ein paar Haxerl. Was mit dem Rest passiert, ist unklar – der geht vermutlich ins Katzenfutter oder als subventionierter Export nach Afrika.
Für viele Zwecke bevorzugen wir eigentlich das Keulenfleisch, da es deutlich aromatischer und saftiger ist.
Wir würden uns allerdings wünschen, ein Huhn im Ganzen zu bekommen, samt Kopf und Krallen, denn die Verwertung von allen Teilen ist wesentlich für die Qualität von Suppe und Fond. Aber das ist alles andere leicht zu beschaffen.
Was macht man also mit der ausgelösten Brust, um sie optimal zu garen?
Die schonendste Methode ist das Pochieren; das ist quasi ein Kochen bei Niedrigtemperatur, also bei weniger als 100ºC. Die Technik der sous vide-Garung beruht auf diesem Prinzip. Wir haben uns vor Jahren damit beschäftigt, sind aber davon abgekommen, weil wir mit traditionellen Methoden meistens bessere Ergebnisse erzielt haben. Ausserdem ist das Vakuumieren und Einschweißen in Plastikbeutel lästig und verschwenderisch und eine brauchbare Ausrüstung ziemlich teuer. Das mag für die Gastronomie logistisch interessant sein, im privaten Haushalt fällt es eher in die Kategorie “Spielerei”. Seit gut drei Jahren steht bei uns das Vakuumiergerät als Staubfänger oben am am Küchenkasten.
Ein Thermometer zum Messen der Kerntemperatur ist allerdings schon vorteilhaft; wenn 72ºC erreicht sind, ist die Hühnerbrust perfekt. Aber es gibt auch andere Methoden, um die richtige Garungsstufe zu erkennen, was allerdings ein bisschen Erfahrung erfordert. So zum Beispiel das Einstechen und Beobachten des austretenden Safts; wenn er nicht mehr rosa ist sollte man stoppen.
Wichtig ist, dass das Fleisch schon ins kalte Wasser kommt, das reichlich gesalzen sein sollte. Das hat mit dem osmotischen Druck zu tun: wenn die Flüssigkeit einen höheren Salzgehalt hat als das Fleisch, wandern die Salze im Fleisch nicht in die Flüssigkeit sondern bleiben drinnen. Die Temperatur sollte unter dem Siedepunkt bleiben, die Flüssigkeit also keine Blasen werfen. Mit geringster Hitze und Beobachtung sollte das kein Problem sein. Bei Anzeichen von Blasen einfach zurückdrehen.
Um die Saftigkeit zu erhalten, sollte das Fleisch in der Flüssigkeit auskühlen und bis zum Aufschneiden niemals an die Luft gelangen. Damit das Schneiden optimal gelingt, sollte es möglichst kalt sein.
Zutaten für 2 große oder 4 Vorspeisen-Portionen:
- 1 ganze, ausgelöste Hühnerbrust (ca. 300g – bitte kein Monsterteil!)
- 2 reife, aber noch schnittfeste Avocados (gibt beim Fingerdruck nur wenige Millimeter nach)
- 1 Zitrone
- 1 TL Dijonsenf
- 2 TL Honig
- 3 EL bestes Olivenöl
- 1 Handvoll frische Basilikumblätter
- etwas frische Petersilie
- 1 Lorbeerblatt
- 1/2 kleine Zwiebel
- einige Pfefferkörner
- Salz
Zubereitung:
- die beiden Hälften der Brust trennen (falls nicht ohnehin schon erledigt). Mindestens 30 min auf Raumtemperatur bringen lassen, nicht direkt aus dem Kühlschrank verarbeiten!
- in einem Topf 1 EL Salz in 1/2 l kaltem Wasser verrühren, das Fleisch mit der halben Zwiebel, dem Lorbeerblatt, Petersil im ganzen, 3 Scheiben von der Zitrone und ein paar Pfefferkörnern dazugeben. Wasser ergänzen bis das Fleisch gerade bedeckt ist.
- auf das Feuer stellen, ab und zu bewegen, damit sich die Hitze gleichmäßig verteilt, und beim ersten Anzeichen von aufsteigenden Blasen zurückdrehen, sodass die Blasen stoppen. Das Fleisch sollte nur ziehen, aber nicht kochen. Immer wenn Blasen beginnen aufzusteigen, zurückdrehen!
- bei einer Brust von insgesamt 300 g sollte es etwa 10 bis 15 min dauern bis eine Kerntemperatur von 72ºC erreicht ist. Das kann man entweder mit einem Einstech-Thermometer messen, oder das Fleisch anstechen: in dem Moment, wo der austretende Saft nicht mehr rosa ist, ist der Garpunkt erreicht.
- Den Topf sofort vom Feuer nehmen und im Kaltwasserbad völlig auskühlen lassen; das Fleisch nicht herausnehmen! Eine weitere Abkühlung im Kühlschrank ist empfehlenswert, dann lässt sich das Fleisch besser schneiden. Wichtig ist, dass es bis zum Anrichten immer in der Flüssigkeit bleibt.
- etwas Basilikum samt Stängel extrem fein hacken und mit etwas Salz verreiben, mit dem Saft der Zitrone mischen (minus der 3 Scheiben, die schon in der Suppe sind)
- 1 TL Dijonsenf und 2 TL Honig dazugeben, sowie 3 EL von dem kalten Kochsud, alles intensiv vermischen und aufschlagen. 3-4 EL Olivenöl langsam unter intensivem Rühren dazugeben. Es sollte eine Emulsion entstehen – abschmecken!
- Fleisch gegen die Faser in etwa 2-3 mm dünne Scheibchen schneiden
- Avocado längs in der Mitte halbieren, den Kern herausnehmen und ebenfalls in Scheiben schneiden
- Fleisch- und Avokadoscheiben salzen und mit der Marinade benetzen. Auf den einzelnen Tellern abwechselnd aufstapeln, mit Marinade beträufeln, und nicht zu wenige, frische Basilikumblätter darüber streuen