Kann man 5 Wochen lang täglich das Gleiche zu mittag essen, ohne dass es fad wird?
Ja – kann man, sofern es sich um thailändische Nudelsuppen handelt. Auch nach einem Monat freut man sich auf den Genuss des Gerichts, das in Thailand zu Mittag von allen gegessen wird – von Landarbeitern und Schulkindern bis zu Büroangestellten und Geschäftsleuten. Nudelsuppe ist das klassische Mittagessen des Landes.
Viele Thais essen ein Leben lang täglich Nudelsuppe, genauso wie sie täglich zum Frühstück eine ebenso köstliche Reissuppe essen.
Beide Traditionen haben wir auf unserer fünfwöchigen Reise durch Thailand freudig angenommen und wären kein einziges mal auf die Idee gekommen, mittags oder morgens etwas anderes zu essen. Kulinarische Vielfalt gab’s am Abend.
Oft gibt es dazu frische Kräuter und Bohnensprossen zur freien Entnahme, sowie mehrere hausgemachte Chilivarianten (frisch in Fischsauce eingelegt, mit Essig, oder geröstet als sehr scharfe Paste). Auch eine Zuckerdose steht immer am Tisch.
Für eine große, duftende und dampfende Schüssel bezahlt man umgerechnet etwa eineinhalb Euro.
Obwohl es sich immer um Nudelsuppe handelt ist die Vielfalt der Varianten groß. Meist werden 2 verschiedene Basissuppen von Rind und Huhn angeboten, aber auch aus Schwein und Ente werden Suppen gekocht.
Bei den Nudeln kann man zwischen dünnen und breiten Reisnudeln sowie Eiernudeln wählen; und die Zahl der möglichen Einlagen ist enorm: golden gerösteter Knoblauch, Koriander, Horapa-Basilikum, allerlei grünes Blattgemüse wie Wasserspinat und Pak Choi, mitgekochte, weiche Fleischstücke (oft in „Pulled-Variante“), kleine Fleisch- und Fischknödel, Hackfleisch, Bohnensprossen, Jungzwiebel, Thai-Sellerie, Bittergurke, gegrillte Fleischscheiben von Schwein und Ente, Tofu, gestocktes Blut, Schweinshaxeln, Hühnerkrallen und vieles mehr.
An jeder Ecke, in jedem Dorf und überall entlang der Landstraßen findet man die kleinen und stets extrem einfachen Suppenstände. Meist genügt ein Stück Wellblech als Dach, ein großer Topf auf Holzkohle, ein paar Schüsseln aus Melaminharz und ein Schneidbrett für die Zutaten. Einfacher kann Gastronomie nicht sein.
Jede Portion kann in kürzester Zeit zubereitet werden, die frischen Nudeln und andere Zutaten werden nur ganz kurz mit einem Sieb in die meist dreigeteilten Kochtöpfe gehalten. Diese haben in der Regel 2 große „Abteilungen“ für 2 verschiedene Suppenbasen und eine kleinere dritte mit kochendem Wasser für die frischen Nudeln. Lange Garzeiten sind nicht nötig; im Grunde geht es nur darum, die Zutaten aufzuwärmen und das passiert in Sekundenschnelle.
Zusätzlich wird die ständig köchelnde Suppe durch das Eintauchen der Zutaten im Portions-Sieb immer kräftiger.
Eine einzige Köchin kann in kürzester Zeit problemlos 20 bis 30 Esser versorgen.
Auch zum Frühstück gibt es Suppe
Zum Frühstück isst man in Thailand eine große Schüssel Reissuppe.
Auch an diese Tradition haben wir uns während unserer Reise ausnahmslos gehalten und waren begeistert, wie wohltuend diese Speise auf Körper, Psyche und Verdauung wirkt.
Es ist wie das behagliche Eintauchen in eine Badewanne, wärmt den Körper, gibt Kraft und macht wach. Als munter und nüchtern machendes Mittel kann ja eine kräftige Bouillon locker mit starkem Kaffee mithalten.
Diese Frühstückssuppe ist nicht stark gewürzt. Im Grunde wird gekochter Reis vom Vortag nocheinmal in klarer Bouillon mit ein paar Kräutern wie Thaisellerie aufgekocht. Oder der rohe Reis wird so lange gekocht, bis er beginnt zu zerfallen. Dazu kommt ganz wenig faschiertes Fleisch von Huhn oder Schwein (aber wirklich nur als „Spurenelement“) und ein weich gekochtes Ei, dessen flüssigen Dotter man in der Suppe aufrührt. Auch Shiitakepilze und Varianten mit etwas Fisch sind gebräuchlich.
Nach Belieben kann man gerösteten Knoblauch, frischen Ingwer, Jungzwiebel und Korianderblätter darüber streuen.
Für uns ist es ein außergewöhnliches Qualitätsmerkmal eines Gerichts, wenn man es täglich essen kann, ohne dass es fad wird. Nur ganz wenige Speisen können das erreichen und sie kommen fast immer aus einer cucina povera, einer Armeleuteküche.
Kein Wunder, denn während die Luxusküchen immer aus einer Vielfalt von Lebensmitteln auswählen und große Abwechslung bieten konnten, waren die Armen – tagaus tagein – meist auf ein einziges Grundnahrungsmittel angewiesen. Daraus entwickelte sich oft ein besonderes handwerkliches Geschick und die Beachtung kleinster Details, um aus dem Einfachen und ewig Gleichen etwas köstliches und auch abwechslungsreiches zu kreieren.
Unsere Hochachtung gilt den zahlreichen Suppenköchinnen (und vereinzelt auch Köchen) Thailands. Sie tragen eine wunderbare Kultur der zivilen Kooperation, die ohne große Investments und ohne Marktbeherrschern die handwerkliche Geschicklichkeit und Hingabe von abertausenden einzelnen Kleinstunternehmerinnen ermöglicht, und damit extrem preiswert und unkompliziert das ganze Land mit hochwertigen, frisch gekochten Speisen versorgt.
Immer gut eure Empfehlungen und Kommentare. Darf ich auch erfahren, wo in Thailand ihr unterwegs wart?
Zuerst in Krabi und auf Koh Yao Yai, dann 3 Wochen mit dem Motorrad im Norden: Chiang Mai, Mae Hong Son, Mekong, Nan…