Was isst man in Kolumbien?
Auch in Kolumbien sind die kulinarischen Einflüsse vielfältig, und es ist nicht leicht von der Kolumbianischen Küche zu sprechen. Von der indigenen Urbevölkerung hat sich Mais und Maniok als Grundnahrungsmittel erhalten, darüber hinaus gehen die meisten Gerichte auf spanische Ursprünge zurück. Auch zentralafrikanische Kochtraditionen kamen mit den schwarzen Sklaven ins Land.
Die verschiedenen Regionen Kolumbiens unterscheiden sich klimatisch teilweise stark voneinander: tropisch heiße Küstenregionen einerseits und kühle Bergregionen andererseits wechseln sich ab und bringen natürlich unterschiedliche Gerichte hervor. Im kühlen Bogotá, das auf fast 3000m Höhe liegt, bevorzugt man kräftige Eintöpfe und Rindfleisch. Hier wird es auch untertags kaum wärmer als 17 Grad und nachts kühlt es auf unter 10 Grad ab.
An der tropischen Karibikküste bevorzugt man Fisch und Krustentiere, während an der Pazifikküste mit 90% schwarzer Bevölkerung vor allem afrikanische Einflüsse dominieren. Und das völlig unwegsame Amazonasgebiet ist überhaupt ein eigenes kulinarisches Kapitel.
So ist es bis heute nicht gelungen – trotz aller Anstrengungen – sich auf ein kolumbianisches Nationalgericht zu einigen. Anfang der 2000er Jahre wurde dafür ein Gericht namens Bandeja Paisa vorgeschlagen, das vor allem in der zentralen und relativ wohlhabenden Provinz Antioquia beliebt ist. Der Status als Nationalgericht wurde der eher rustikal-derben Speise durch die anderen Provinzen des Landes allerdings vehement verweigert.
1.) Bandeja paisa (doch kein Nationalgericht)
Bei diesem deftigen Gericht gibt`s von allem etwas: Chicharrones (frittierter Schweinebauch), Morcilla (Blutwurst), Chorizo (Schweinewurst), Carne en polvo (ultrafein faschiertes, zuvor gekochtes Rindfleisch), Bohnen, Reis, Maduros (süße, reife Kochbanane), ein großes Stück Avocado und die in Kolumbien unverzichtbare Arepa (Maisflade).
Die Portionen in der kolumbianischen Gastronomie sind durchwegs groß – nach einer Portion Bandeja Paisa ist man meist mehr als gut abgefüllt – Teilen ist also angesagt!
Die Bestandteile dieser Speise sind in Kolumbien allgegenwärtig – betrachten wir sie im Detail:
Arepas:
Relativ dicke Fladen aus Maisgrieß, unverzichtbarer Bestandteil jeder Mahlzeit – vom Frühstück bis zum Abendessen. Man kann sie wie einen Sandwich füllen; an der Karibikküste macht man das mit Ei.
Interessant ist, dass der etwas muffige Maisgeschmack, wie man ihn von Polenta oder mexikanischen Tortillas kennt, bei kolumbianischen Arepas überhaupt nicht vorhanden ist.
Besonders köstlich sind die süßen Arepas de Choclo, die aus frischem, saftigem Jungmais zubereitet werden. Vor allem in Kombination mit dem weichen Frischkäse Quesito.
Platanos maduros:
Auch die Kochbanane (Platano) ist ein absolutes Grundnahrungsmittel in Kolumbien. In reifem Zustand ist sie weich und süß, wird gebraten oder gegrillt und manchmal auch mit Queso costeño gefüllt.
Patacones:
Ebenfalls Kochbananen, allerdings in grünem, unreifen Zustand, werden zu kleinen Fladen gequetscht und gebraten. Sie sind nicht süß sondern geschmacksneutral wie Kartoffeln.
Die knusprigen Fladen sind in Kolumbien allgegenwärtig.
Chicharrones:
Frittierter Schweinebauch samt knuspriger Schwarte ist im ganzen Land beliebt und wird entweder heiß und frisch gegessen, oder kalt als Ceviche de Chicharrones – statt rohem Fisch wird gebratener Schweinebauch mit viel Limettensaft, Chili und Zwiebel mariniert. Klingt nach kulinarischer Sünde, ist aber erstaunlich gut.
Morcilla (Blutwurst):
Kolumbianische Blutwürste sind – verglichen mit europäischen – wunderbar leicht und bekömmlich, denn als Basis der Füllung wird gekochter Reis verwendet, oft viel mehr als tierische Bestandteile. Man bekommt sie überall herrlich knusprig gebraten oder gegrillt. Durchaus auch zum Frühstück.
Chorizo & Longaniza (Bratwurst):
Jede Region hat eigene, unterschiedliche Zubereitungsarten für die Schweinefleischwürste – selten papriziert, wie in Spanien, dafür mit Zutaten wie Jungzwiebel, Koriander und bisweilen auch Käse.
Unverzichtbare Zutat zu einer gegrillten Chorizo ist die Mandarinenlimette (Rangpur)
Avocado:
Kolumbien ist ein Paradies für Avocado-Liebhaber. Mindesten 6 verschiedene Sorten haben wir auf den Märkten gefunden – von kiloschweren, hochglänzenden Giganten bis zu mattschwarzen, kleinen Exemplaren.
Ein großzügiges Stück frischer und makelloser Avocado gehört bei den meisten Speisen einfach dazu.
2.) Fisch und Seafood
Kolumbien ist ein Wasserland. Nicht nur die Küstenregionen an den beiden Ozeanen Atlantik und Pazifik und die karibischen Inseln. Auch das Inland ist bedeckt mit mäandernden Flüssen, Seen, Lagunen und überfluteten Landstrichen. Selbst auf über 2000 Metern Höhe findet man riesige Stauseen und Rückhaltebecken.
Dementsprechend groß ist das Angebot an Fischen und Krustentieren sowohl aus dem Salz- wie aus dem Süßwasser. Forelle findet man sehr oft auf den Speisekarten und Shrimps sind allgegenwärtig.
Ceviche de Pescado:
Der rohe Fisch, in Zitrussaft mariniert, stammt ursprünglich aus den Nachbarländern Peru und Ecuador.
Ceviche de Camarones:
Viel häufiger als die Fischvariante findet man die Ceviche mit Shrimps – nämlich buchstäblich überall!
Und – Anhänger einer orthodoxen Kulinarik werden Schnappatmung bekommen – die Basis des Dressings ist ganz normales Tomatenketchup, und zwar richtig viel davon!
Aber in Verbindung mit viel Limettensaft, frischem Zwiebel und Koriander ist das erstaunlicherweise durchaus gut.
Ceviche de Camarones wird in Kolumbien auf Crackern gegessen.
Ceviche von Languste und Concha-Schnecke:
Auf den kolumbianischen Inseln in der Karibik (wir waren auf Providencia) gehören Langusten und die riesigen Concha-Schnecken fast zu den Grundnahrunsmitteln. Auch damit wird Ceviche zubereitet.
Languste:
Obwohl auf den Inseln Languste allgegenwärtig ist, gehört sie natürlich zu den teuersten Speisen. Aber verglichen mit Europa sind die Preise sehr moderat. Für ein Gericht mit einer ganzen Languste bezahlt man umgerechnet etwa € 25.-.
Cazuela de Mariscos:
Der Eintopf aus Krustentieren und Fisch hat seinen Ursprung im spanischen Katalonien, wo er mit Mandelmehl zubereitet wird. Die kolumbianische Variante verwendet stattdessen Kokosmilch und Sahne.
Jegliches Seegetier kann dafür verwendet werden, üblicherweise Shrimps, Tintenfisch, verschiedene Muscheln, festes Fischfleisch und manchmal auch Languste.
In Kolumbien liebt man Käse und so wird alles mögliche damit gratiniert, sogar Fisch und Seafood! Das kommt manchmal ein bissl pampig daher, mitunter aber sehr gut.
3.) Alltagsessen
Sopas & Caldos:
In jedem gastronomischen Betrieb gibt es zu Mittag eine oder mehrere gehaltvolle Suppen vom Rind, Huhn oder Fisch.
Am häufigsten sind Rindsuppen (Caldo de Res, Sopa de Costilla), immer mit einem Stück Rippenknochen und Beinfleisch. Auch Kartoffeln, Maniok oder Mais sind mitgekocht. Koriander ist immer dabei.
Die eintopfartige Hühnersuppe Ajiaco wird mit dem in Kolumbien heimischen Kräutlein Guasca gewürzt, das sich als “Kleinblütiges Knopfkraut” inzwischen auf der ganzen Welt ausgebreitet hat.
Mute ist ein extrem gehaltvoller Eintopf aus Mais, Kartoffeln, Bohnen, Gemüse, Beinfleisch, Kutteln, Kalbshaxel, und noch viel mehr. Das richtige, wenn man am verhungern ist, ansonsten eher eine kulinarische Bombe!
Empanadas:
Die knusprigen Teigtaschen sind überall im Land das typische Streetfood. Sie sind fast an jeder Ecke erhältlich und die Varianten der Füllungen sind zahlreich: gezupftes Huhn, Schwein oder Rind, Käse, Kartoffeln und Gemüse. Ganz frisch zubereitet und brennheiß sind sie besonders köstlich.
Aji:
Nicht nur für Empanadas, sondern für die meisten Gerichte ist diese nicht allzu scharfe Sauce ein Muss. Sie ist meist hausgemacht und besteht aus Aji-Chilis, Tomaten, Zwiebel, Koriander, eingelegt in Essig und Salz.
Innereien:
Überall werden Innereien angeboten und sie gehören durchaus zur alltäglichen Ernährung. Alle Teile werden gegessen, nichts wird verschwendet.
4.) Früchte und Säfte
Kolumbien ist ein wahres Paradies der tropischen Früchte; neben Ananas, Mango, Guave, Maracuja und Papaya existiert eine Menge hierzulande völlig unbekannter Früchte. Etwa die riesige, grün-stachelige Guanábana. Oder wer hat schon von Mamoncillo, Sapote oder Lulo gehört?
Überall werden Fruchtsalate angeboten, Säfte gepresst und Smoothies gemixt.
Wobei selbst bekannte Früchte in Kolumbien aromatischer sind als anderswo. Etwa die Pitaya oder Drachenfrucht, die auch bei uns fallweise zu bekommen ist. Sie ist zwar wunderschön, jedoch fast völlig geschmacklos, selbst in Ländern wie Taiwan, wo diese Früchte intensiv angebaut werden. Anders in Kolumbien: hier sind sie voll aromatisch süßsauer und wirklich köstlich!
5.) Fazit
Kolumbianische Gerichte sind vorwiegend deftig und rustikal. In mehr als 50 Jahren Bürgerkrieg konnte sich die Gastronomie nur mäßig entwickeln, die Menschen hatten andere Sorgen.
Aber in den letzten Jahren gibt es eine rasante Entwicklung der Kulinarik. In den Städten werden kolumbianische Speiseformate von jungen Leuten sehr erfolgreich neu interpretiert.
Die Portionen in der Gastronomie sind groß und günstig. Selbst in der Luxuskategorie sind die Preise verglichen mit Europa sehr niedrig, und in den kleinen Kneipen an der Straße kann man für umgerechnet 2 bis 3 Euro gut und reichlich zu mittag essen.
Käse ist im ganzen Land sehr beliebt und Bestandteil vieler Gerichte. Quesito ist ein ganz einfacher Frischkäse, der aus Milch, Essig und wenig Salz hergestellt wird. Der schnittfeste Queso costeño ist stärker gesalzen, haltbarer und wird meistens über die Speisen gerieben. Queso mozarella hat nichts mit dem italienischen Original zu tun und wird vor allem zum Gratinieren verwendet.
Aromatische, gereifte Käse sind selten, weil das tropische Klima dafür nicht wirklich geeignet ist. Aber im kühlen Bergland gibt es Ansätze für eine echte Käsekultur.
Bier ist überall erhältlich und auch in der Gastronomie äußerst preiswert. Die verbreitetste Marke ist Aguila, aber unser Favorit kommt aus Medellin und nennt sich Pilsen.
Das beste Essen auf unserer fünfwöchigen kulinarischen Forschungsreise haben wir – wie so oft – bei den einfachen Straßenküchen bekommen, wo ehrlich gekocht wird und wo man sich mit den (wenigen) Zutaten bestens auskennt.
Und im TBone in Bogotá, das eher zur gehobenen Gastronomie zählt, haben wir das beste Steak unseres Lebens gegessen – auch ganz einfach und reduziert, aber äußerst gekonnt zubereitet.
Hallo ihr wunderbaren Kochgenossen,
Muchas Gracias ! Wir sind ,welch ein Zufall,gerade in Kolumbien.
Hasta luego Karola
Gute Reise & liebe Grüße von den Kochgenossen!