Wenn man mich als Kind gefragt hätte “was ist dein absolutes Lieblingsessen?”, dann hätte ich nicht lange nachdenken müssen – “Leberreissuppe” wäre die eindeutige Antwort gewesen.
Ein Text von Michael Langoth mit einem Rezept von Brigitte Langoth (1926-2016)
Wenn die Mama diese Suppe gekocht hatte, war das für uns Kinder immer ein Grund zum Jubeln. Die Kombination einer echten, kräftigen Rindsuppe mit dem an Weihrauch erinnernden Aroma von Leber und Majoran war ein herausragender Genuss, besser als alles andere. Der Begriff “Leberreis” war fest in unserer kindlichen Vorstellungswelt verankert.
So war dieses kleine, textile Würstchen auf den Baskenmützen für uns eindeutig ein “Leberreis”, denn so musste die Suppeneinlage beschaffen sein: etwa 5 mm dick, 1 bis 2 cm lang und leicht gekrümmt wie ein Würmchen.
Schon beim Kochen wurde uns meist etwas rohe Leber verabreicht, geschabt und gesalzen, um gegen Rachitis gefeit zu sein (Wir sprechen hier von den späten 1950er-Jahren). Die Alternative wäre der berüchtigt grausliche Lebertran aus Fischleber gewesen. Brav und gerne nahmen wir die rohe Leber, denn sie war köstlich.
Offensichtlich handelt es sich um ein sehr altes österreichisches Speiseformat, das ich auch schon in 150 Jahre alten Kochbüchern gefunden habe. Auch in Süddeutschland kennt man “Leberspätzle”, wobei der österreichische Leberreis eindeutig kleinformatiger ist, als das, was man üblicherweise als Spätzle bezeichnet; also nicht wesentlich größer als Reiskörner.
Dafür haben handelsübliche Spätzlereiben eigentlich zu große Löcher, denn ideal für den Leberreis ist ein Lochdurchmesser von 4-5 mm. Ideal geeignet sind sogenannte Schaumkellen oder Schaumlöffel, die üblicherweise einen entsprechenden Lochdurchmesser aufweisen.
Zutaten für ca. 6 Portionen:
- 200 g Rindsleber oder Schweinsleber
- 1 kleine Zwiebel
- 1 altbackene Semmel
- ca. 125 ml Milch
- 1 Ei
- 1/2 TL Majoran (getrocknet)
- Semmelbrösel zum korrigieren der Konsistenz
- Salz & Pfeffer
- 1,5 l echte Rindsuppe
- frischer Schnittlauch
Zubereitung:
- Semmel in der Milch weichen lassen
- Leber in Stücke schneiden
- Zwiebel fein hacken
- Leber, Semmel, Zwiebel, Ei, Majoran, Salz & Pfeffer gemeinsam mixen
- falls nötig, die Masse mit Semmelbröseln etwas andicken
- durch ein Lochsieb in die kochende Suppe spachteln
- 2-3 min aufkochen
- mit etwas frischem Schnittlauch servieren