Kaum wo wird Essen und die “richtige” Zubereitung von Gerichten so ernst genommen wie in Bologna. Deshalb wird das offizielle Originalrezept für das berühmte Bologneser-Ragu dort quasi amtlich geregelt.
Bei der Handelskammer der Stadt ist ein entsprechendes Dokument hinterlegt, das von einem speziellen Ausschuss der Accademia Italiana della Cucina erarbeitet, und zuletzt im Jahr 1982 aktualisiert wurde.
Nach über 40 Jahren ist das Komitee erneut zusammengetreten um das Rezept abermals zu aktualisieren. Seit April 2023 gilt nun das neue “Originalrezept”.
die Verwendung des Suppenwürfels ist nun ausdrücklich erlaubt – eine Ohrfeige für Kochpuristen und Glutamathasser!
Die Unterschiede zur letzten Fassung sind marginal und doch äußerst erstaunlich: erstmals wird die Verwendung des Suppenwürfels (gekörnte Brühe) ausdrücklich erlaubt – eine Ohrfeige für Kochpuristen und Glutamathasser – ausgerechnet aus der Hochburg der strengsten Koch-Orthodoxie!
Neu ist auch der Einsatz von etwas konzentriertem Tomatenmark und das vollständige Verdampfen des Weins, was bei der letzten Rezeptvariante von 1982 ausdrücklich nicht empfohlen wurde. Auch das Rindfleisch wird nun intensiver angebraten und das Würzen mit einem Hauch Muskatnuss ist nun zulässig.
Weiterhin tabu sind Knoblauch, Kräuter und weitere Gewürze, sowie geräucherter Speck.
“Erlaubte” zusätzliche Zutaten sind Hühnerleber (oder Herzen, fein gehackt) oder eingeweichte getrocknete Steinpilze oder zerbröseltes Wurstbrät von Salsiccia (frische Schweinswurst).
In Italien selbst wird das ragù alla bolognese übrigens niemals mit Spaghetti gegessen, sondern traditionell mit Tagliatelle (Bandnudeln aus Eierteig).
Hier ist das originale rinnovata ricetta del vero ragù alla bolognese vom 20. April 2023:
Zutaten für 6 Personen:
- 400 g grob faschiertes Rindfleisch
- 150 g roher Bauchspeck (Pancetta) nicht geräuchert (am besten in Scheiben geschnitten kaufen)
- 60 g Zwiebel
- 60 g Karotte
- 60 g Stangensellerie
- 200 g passierte Tomaten (Dose)
- 1 EL konzentriertes Tomatenmark
- 200 ml Wein (weiß oder rot nach Belieben)
- 200 ml Fleisch- oder Gemüsesuppe (auch aus Suppenwürfel!)
- Salz & Pfeffer
- 3 EL Olivenöl
- 200 ml Milch
- etwas Muskatnuss (optional)
Zubereitung:
- den Bauchspeck (Pancetta) fein schneiden
- Zwiebel, Karotte & Sellerie fein würfeln
- in einem dickwandigen Topf den Bauchspeck (Pancetta) in 3 EL Olivenöl schmelzen lassen (keinesfalls bräunen!)
- Zwiebel, Karotte & Sellerie dazugeben und bei mäßiger Hitze langsam anschwitzen, dabei ständig mit einem Holzlöffel umrühren (keinesfalls bräunen!)
- Hitze hochdrehen, Rindfleisch zugeben und unter ständigem Rühren etwa 10 min braten, bis es “knistert”
- 200 ml Wein dazugeben und vollständig verdampfen lassen, bis kein Wein mehr zu riechen ist
- 200 g passierte Tomaten und 1 EL doppelt konzentriertes Tomatenmark einrühren, sowie 200 ml Bouillon (kann aus Suppenwürfel zubereitet werden)
- mindestens 2-3 Stunden sanft köcheln lassen, bei Bedarf heiße Bouillon nachfüllen
- nach der halben Kochzeit kann nach einer empfehlenswerten alten Tradition Milch hinzugefügt werden
- am Ende der Kochzeit mit Salz & Pfeffer abschmecken
- optional: mit etwas Muskatnuss würzen
- das Ragout sollte eine schöne dunkelorange Farbe haben, umhüllend und cremig sein
Zulässige Zugabe-Varianten:
- eingeweichte getrocknete Steinpilze
- Hühnerleber und/oder -Herzen, fein gehackt
- enthäutete und zerbröckelte Salsiccia (frische, rohe Schweins-Bratwurst)
- blanchierte Erbsen
Nicht zulässig:
- geräucherter Speck
- Knoblauch, Rosmarin, Petersil und andere Kräuter oder Gewürze außer Pfeffer und Muskatnuss
- nur Schweinefleisch
Ich hätte mir schon gewünscht, dass ihr auf die Hauptzutat Fleisch etwas mehr eingegangen wärt. Es wird von der Academia empfohlen, statt des Kronfleisches, das für viele schwer zu beschaffen ist, colagenreiche vordere Teilstücke wie Hals, Brust oder Flank verwendet werden kann. Ich werde weiter Kronfleisch verwenden 😉
Was empfehlt ihr als Ersatz, wenn man keinen Pancetta bekommt?
Ich nehme Göderlspeck, also vom Hals (Doppelkinn) des Schweins.