G’röste Nierndln sind in Wien ein klassisches Gasthaus-Gericht, das man heute allerdings kaum mehr bekommt.
Leider sind Innereien – die zu den hochwertigsten Nahrungsmitteln überhaupt gehören – total aus der Mode gekommen und man fragt sich, was damit geschieht; gehen die alle ins Katzenfutter – oder nach China?!
Dabei handelt es sich bei den G’rösten Nierndln um eines der größten Kunstwerke der Wiener Küche, das traditionell als Gabelfrühstück gegessen wurde. Ähnlich wie beim Wiener Saftgulasch oder der G’rösten Leber geht es dabei um eine radikale Reduktion auf das Wesentliche: Natürlich könnte man mit Cognac, Senf oder Rahm “verfeinern” – das braucht es aber nicht bei der Wiener Variante.
Zwiebel, Majoran und Pfeffer sind die einzigen Zutaten. Etwas Mehl und Rindsuppe bilden ein kleines, hoch aromatisches Saftl; und die Zubereitung funktioniert blitzschnell.
Und ja, Kalbsnieren sind zarter und feiner, dafür aber auch fader im Geschmack – deshalb sind echte G’röste Nierndln in Wien vom Schwein.
Wenn man wissen will, wie dieser Wiener Klassiker schmecken soll, dann geht man am Dienstag ins Gasthaus Reinthaler in der Gluckgasse und hofft, dass die frischen Nieren geliefert wurden. Für uns ist das die Referenz, besser gehts nicht!
Doch trotz der Einfachheit des Gerichts ist der Kochvorgang alles andere als einfach. Man braucht Erfahrung und Kenntnis des Produkts.
Das beginnt schon beim Einkauf: kein Fleischhauer in Wien wird Schweinsnieren vorrätig haben und Supermärkte schon gar nicht. Man muss sie auf jeden Fall vorbestellen. Wie alle Innereien sollten Nieren möglichst schlachtfrisch sein, was man vor allem am Geruch erkennt. Wenns stark brunzelt – weg damit!
Und ähnlich wie bei der Leber gibt es Nieren, die zart geraten und solche, die gummig fest werden – egal, was man damit macht. Nach unserer Erfahrung sollten sie möglichst hell sein, während dunkle Exemplare eher zur Gummigkeit neigen.
Angeblich werden sie zarter, wenn man sie für ein paar Stunden in Wasser einlegt und einen Schuss Essig zugibt. Dieser Effekt soll noch weiter verstärkt werden, wenn die Nieren danach noch für eine halbe Stunde in Milch eingelegt werden. Dabei sollten sie immer im Kühlschrank bleiben.
Ausprobiert haben wir das nicht, denn es ist auch nicht notwendig, wenn die Qualität stimmt. Ideal sind helle Nieren von nicht ganz ausgewachsenen Bio-Spanferkeln, die werden auf jeden Fall zart.
Eine wirkliche Herausforderung ist das Aufschneiden und das Entfernen der Nieren-Kanäle aus dem Inneren des Organs. Man benötigt ein rasiermesserscharfes Werkzeug und äußerste Vorsicht, um sich nicht zu verletzen. Hier ist Übung gefragt!
Für Meisterköche, wie unseren Kochgenossen Jiang Feng vom Restaurant Ostwind ist das ein Aufwand von Sekunden und ist mit einem Schnitt erledigt, während Laien mit stumpfen Messern daran fiezelnd verzweifeln oder gar im Krankenhaus landen können.
Sieht einfach aus – ist es aber nicht. Aber alles ist erlernbar!
Zutaten für 2 Portionen:
- 2 Schweinenieren (ca. 300 – 350 g)
- 1 mittelgroße Zwiebel (ca. 100 g)
- 125 ml Rinderbouillon
- ca. 1 TL Mehl (gehäuft)
- 1 EL Majoran (getrocknet)
- Schweineschmalz
- 1 winziger Spritzer Essig (1/2 TL)
- Salz & Pfeffer
- speckige Kartoffeln als Beilage
Zubereitung:
- Nieren gründlich abwaschen und trocken tupfen
- Die Niere flach auf ein Brett legen und parallel zum Brett die Niere in der Mitte durchschneiden. Das geht am besten, wenn man die zweite Hand flach auf die Niere legt und sie so festhält. (Vorsicht mit dem Messer!)
- dann mit einem sehr scharfen Messer die weißen Teile aus der Mitte heraus schneiden (das muss nicht allzu gründlich sein, Hauptsache die zähen Gefäße kommen weg). Das geht am besten, wenn man die weiße Schicht auf einer Seite einschneidet, anhebt und darunter weiter flach schneidet, wie wenn man einen Fisch von den Gräten filetiert
- die geputzten Nieren in dünne Streifen schneiden (3-4 mm)
- Zwiebel in dünne Streifen schneiden
- Pfanne maximal erhitzen und die Nieren in Schweineschmalz kurz sehr scharf anbraten und kurz sautieren. Schnell wieder aus der Pfanne nehmen, dabei dürfen ein paar Stellen rosa bleiben. Nur nicht ganz durchbraten! Beiseite stellen
- Zwiebel im Bratrückstand kurz anbraten und bewegen, sodass sie nicht bräunen
- 1 TL Mehl dazugeben und kurz durchmischen
- mit 125 ml Bouillon ablöschen, 1 EL Majoran und ganz wenig Essig (1/2 TL) dazugeben
- die Nieren wieder in die Pfanne geben und die Hitze sofort abdrehen
- mit Salz & Pfeffer abschmecken und 3 min ohne Hitze ziehen lassen
- noch einmal abschmecken und sofort servieren
- dazu passen Salzkartoffeln und ein Salzstangl