Die ältesten erhaltenen Rezepte für diese Torte aus der oberösterreichischen Landeshauptstadt sind über 300 Jahre alt. Schon im 17. Jahrhundert wird sie in Kochbüchern als Linzertorte bezeichnet.
Damals war sie ein ausgesprochener Luxusartikel, denn die obligaten Zutaten Mandel, Zucker, Gewürze und Zitrone waren zu dieser Zeit äußerst kostspielig.
Die Linzertorte ist ein typisches Relikt der barocken Tortenbackkunst.
Natürlich war im Barock eine kunstvolle optische Gestaltung für Luxusspeisen ein absolutes Muss, denn man wollte schließlich zeigen, was man hatte. Mit dem schwierig zu verarbeitenden Mürbteig ist das eine gewisse Herausforderung, die Erfahrung verlangt.
Gottseidank ist der Luxus-Aspekt heutzutage nicht mehr vorhanden und das Deckgitter kann aus einfachen, gerollten Teigwürsten hergestellt werden – schmeckt sicher genauso gut.
Wer jedoch auf eine dekorative Optik Wert legt und komplexere Muster aus ausgerolltem und in Streifen geschnittenem Teig herstellen möchte, sollte darauf achten, dass der Teig dabei möglichst kalt ist, sonst wird seine Klebrigkeit und Instabilität zum Problem.
In den ehemaligen Kronländern der Habsburger-Monarchie sowie in Süddeutschland und der Schweiz ist das Backwerk auch heute noch als Linzertorte verbreitet, auch wenn dort eher Himbeer- statt Ribiselmarmelade verwendet wird – eine Sünde für eingesessene Oberösterreicher, denn die süße Torte verlangt nach dem aromatischen Kontrast der ausgeprägten Fruchtsäure der roten Johannisbeere. Himbeeren sind für Österreicher zu lieblich in diesem Zusammenhang!
Es ist wahrscheinlich, dass die Ursprünge dieses Speiseformats in Italien liegen, denn daher kamen einerseits die Mandeln und Zitronen – und andererseits bestanden zwischen Oberösterreich und Venetien schon sehr früh intensiv genutzte Handelswege, auf denen Stahlwaren wie Sensen und Messer von den Hammerwerken der oberösterreichischen Voralpentäler über die Alpen in den Süden exportiert wurden. Auf dem Rückweg gelangten dann auch Luxusprodukte, wie Gewürze, Zitrusfrüchte, Zucker und Mandeln bis in die Haushalte der Aristokraten und wohlhabenden Kaufleute in Oberösterreich. Besonders die Achse Steyr-Venedig spielte dabei lange eine zentrale Rolle.
Unzählige Rezepte aus mehreren Jahrhunderten sind erhalten, wobei ein Mürbteig mit geriebenen Mandeln und Zitronenzeste fast immer die Basis der Torte ist.
Wenn man in Notzeiten keine Mandeln hatte, konnte man auf geröstete Haselnüsse zurückgreifen. Auch hartgekochte und zerbröselte Eidotter tauchen in alten Rezepten auf.
Einige Rezepte verwenden sogar Grammeln (Grieben) – also ausgelassenen Schweinespeck – statt Mandeln und Butter für den Teig. Auch das haben wir ausprobiert – demnächst in diesem Theater!
Das vorliegende Rezept hat unsere oberösterreichische Kochgenossin Barbara Holter für uns zubereitet. Es stammt ursprünglich von ihrer Linzer Oma Maria Strauß (1921-2010)
Zutaten für 1 Torte mit 28 cm Durchmesser:
- 250 g Weizenmehl (universal oder glatt)
- 200 g Butter
- 150 g Zucker (Feinkristall oder Staubzucker)
- 10 g Staubzucker zum Bestreuen
- 200 g Mandeln (ungeschält in der braunen Haut)
- 450 g Ribisel-Marmelade (Konfitüre von roten Johannisbeeren)
- 1 Ei plus ein Dotter
- 1 TL Zimt
- 1 Prise Gewürznelken, gemahlen
- 1 Prise Salz
- 1 Spritzer Zitronensaft
- abgeriebene Schale einer Bio-Zitrone
- 20 g gehobelte Mandelblättchen
Zubereitung:
- Mandeln in einem Cutter nicht ganz fein hacken (eine gewisse Stückigkeit sollte erhalten bleiben)
- 1 Ei trennen – wir brauchen für den Teig 1 Ei und 1 Dotter
- 200 g kalte Butter mit 150 g Zucker intensiv verrühren
- Dann 200 g Mandeln, 1 Ei & 1 Dotter, 1 Prise Salz, 1 Prise Nelkenpulver, 1 TL Zimt, 250 g Mehl, Zitronenzeste und einen Spritzer Zitronensaft dazugeben und weiter intensiv rühren
- Den Teig zu einer Kugel formen, in Küchenfolie einpacken und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank rasten lassen
- 20 g gehobelte Mandelblättchen ohne Fett in der Pfanne hell anrösten
- eine Springform mit 28 cm Durchmesser ausbuttern
- die Arbeitsfläche bemehlen und etwa 40% von der gekühlten Teigmenge abschneiden und beiseite stellen
- die restlichen 60% als Boden gleichmäßig in die Form drücken
- darauf die Ribiselmarmelade verteilen
- den restlichen Teig mit etwas Mehl zu dünnen “Würsten” verarbeiten und gitterförmig auf die Torte legen. Auch den Rand rundum dünn belegen
- bei 180ºC Ober- und Unterhitze ca. 45 min im Rohr backen. Zwischendurch die Backform etwas drehen, damit die Torte gleichmäßig bräunt
- herausnehmen und abkühlen lassen, erst dann mit einem Messer vorsichtig von Rand und Boden lösen
- mit den gerösteten Mandelblättchen belegen und mit etwas Staubzucker bestreuen
- man kann die Torte gleich frisch essen – am besten ist sie allerdings nach etwa 3 Tagen Lagerung. Sie kann bis zu einem Monat in einer luftdichten Dose aufbewahrt werden (wie Kekse)
BACKPULVER?!
Wer bäckt schon die Linzer Torte mit Backpulver?!! E r s t e n s: Ist ein Aufgehen des Teiges erwünscht (was bei einem Linzer Teig sinnbefreit wäre) und nur ein wenig vom Backen versteht, schlägt entweder Eiweiss zu Schnee auf oder verwendet Bierhefe oder Sauerteig. In alten Rezepten für sehr schweren Teige findet man Pottasche oder Hirschhornsalz. Nur – der Linzer Teig ist ein geriebener Teig und soll nicht aufgehen.
Z w e i t e n s: Weder die als ursprüngliche Erfinderin geltende Gräfin Ann Magarita Sagramosa geb. Paradeiser (Rezept 1653) noch der “Zweiterfinder” Johann Konrad Vogel (1796–1883) haben wohl je Backpulver zu Gesicht bekommen: Erfindung Backpulver 1843 A. Bird/ Birmngham, Ab 1853 Backpulver auf dem Markt. Ab 1900 “Backin” von Dr. Oetker industriell gefertigt. Da muss unsereins also nicht lange überlegen ob nun in den Linzer Teig oder in die Madeleines etc. ursprünglich Backpulver hinein gehört oder nicht…
D r i t t e n s: Backpulver verfälscht den ursprünglichen Geschmack der Zutaten – ein Mensch mit funktionsfähigen Geschmackspapillen verwenet dieses Zeugs anstatt zu Back- eher zu Putz-Zwecken.
Schon kurios – obschon die Kochgenossen beim Kochen Wert auf einfachen, ursprünglichen Geschmack und Zutaten zu legen scheinen, geht es hier eher in Richtung “Sinn der Zutaten und Geschmack egal”. Na dann…
Die Kritik ist zutreffend – Backpulver hat in einer Linzertorte nichts zu suchen. Der Fehler hat sich hier eingeschlichen, weil wir Originalrezepte von bestimmten Personen möglichst genau nach deren Angaben verfilmen – in diesem Fall von Maria Strauß – und die hat einen Teelöffel Backpulver verwendet; Eh zu wenig, um einen Effekt zu erzielen, aber ohne Zweifel unnötig.
Leider ist uns das im Zuge der Produktion nicht gleich aufgefallen.
Deshalb Danke für die Aufmerksamkeit! Wir werden das Video und den Artikel sofort diesbezüglich ändern.
Liebe Grüße von den Kochgenossen
In der ersten Fassung dieses Artikels samt Video kam fälschlicherweise ein Teelöffel Backpulver vor. Wir haben das am 2.5.2024 korrigiert. Danke an “nanu” für den Hinweis.