Was die Kochgenossen beim Nordpol 3 essen:
- Krautsuppe – deftig, rahmig und süß – dazu ein schöner Kontrast von rauchigen Aromen einer ordentlich geselchten Wurst
- Kuttelflecksuppe – ein Klassiker der Prager Küche (Dršťková polévka), würzig papriziert
- Halušky mit Brimsen und Speck – das sind die slowakisch/tschechischen Verwandten der italienischen Gnocchi. Zart-flaumiger Kartoffelteig in einem herrlich deftigen Kontext
- Gemischte Knödel mit Kraut – Fleisch- und Grammelknödel auf zweierlei Kraut: süß und sauer (ein hervorragendes Sauerkraut und ein sehr süßer, warmer Krautsalat)
- Powidltascherl – “Denn so ein Taschkerl, so ein powidables, das ist doch wirklich etwas Pyramidonales! Und immer denk ich, wenn ich Božena erblick: Powdiltatschkerln, -tatschkerln ist das allerhöchste Glick!” – sang schon Hermann Leopoldi in seiner Hymne auf die wohl beste Mehlspeis der österreichisch-ungarischen Monarchie
- Liwanzen mit Powidl und Sauerrahm – kleine, in der Pfanne ausgebackene Fladen aus Germteig (Hefeteig), wunderbar flaumig, mit Powidl (Pflaumenmus) und viel Smetana (Sauerrahm). Werden auch Dalken genannt
- das selbst gebackene Brot – dieses, im Haus gebackene Weißbrot ist eine Sensation, denn es ist unvergleichlich fluffig, knusprig und saftig zugleich
La Boheme scheißt sich nix
Es waren die Franzosen (und ein italienischer Komponist), die das Besondere der böhmischen Lebensart als “la boheme” oder “bohemien” berühmt gemacht haben – die Kunst, auch ohne viel Geld das Leben zu genießen und auf gesellschaftliche Normen und Etikette zu pfeifen. Das Interieur des Wirtshauses von Vratislav Krivak atmet diese Lebenshaltung in jedem Detail: bunt zusammengemischte Flohmarktmöbel mit schwerer Patina, unebener Plankenboden und jede Menge art brut an den Wänden, die vom Wirt selbst stammt.
Fine dining ist hier definitiv nicht angesagt, es geht sehr leger zu und manchmal kann es sein, dass man ein bisschen warten muss.
Auch die Küche schert sich wenig um Trends und Moden, sondern schwelgt in der deftigen Üppigkeit, die die traditionelle böhmische Kochkunst kennzeichnet: Schopfbraten, Blutwurst, Knochenmark, Grammelknödel und Kraut sind die Protagonisten einer der besten europäischen Küchen. Und bei den zahlreichen Mehlspeisen wird an Butter und Zucker nicht gespart – herrlich!
Wer wirklich gut böhmisch Essen gehen will, sollte das hier in Wien tun, denn im Mutterland Tschechien haben ein paar Jahrzehnte Kommunismus ausgereicht, um das gute Kochen fast vollständig auszurotten. Kochende Hausfrauen waren verpönt, gegessen wurde in Werkskantinen. “In Prag hat die böhmische Küche zwar einen guten Ruf. Aber wer hinfährt, um gut zu essen, kommt enttäuscht zurück. Die Menschen haben durch das strikte Reglement im Kommunismus das Kochen verlernt. Und die jungen Köche zieht es heute in den bayrischen Wald, wo sie im Gasthaus zur Verbogenen Gabel Cordon Bleu lernen.” sagt Vratislav Krivak, der 1979 aus Olmütz nach Wien geflüchtet ist und in den 1980er-Jahren das legendäre Gasthaus “Zu den 3 Buchteln” in der Margaretenstraße gegründet hat.
Die “3 Buchteln” gibt es auch heute noch in der Wehrgasse im 5. Bezirk unter der Küchenchefin Elfriede Schachinger. Auch dort wird Böhmische Küche angeboten.
Obwohl es auch im heutigen Wien nicht viele böhmische Restaurants gibt, so ist die Böhmische Küche doch stark mit der ehemaligen k&k-Metropole verbunden, denn in den wohlhabenden Haushalten wurden damals mit Vorliebe böhmische Köchinnen engagiert.
“Meine Kochkünste verdanke ich meiner Großmutter.” erzählt Krivak, “Sie ist als Mädchen zu einer Adelsfamilie nach Floridsdorf gekommen, hat ein Leben lang gekocht und sprach akzentfreies Wienerisch. Ich habe ihr Kochbuch und darin die wirklich wichtigen Dinge gefunden.”