Chinesische Teigtaschen wurden in einer Wohnung produziert – so what?
Die Berichterstattung in den Medien klang so, als sei ein Crystal-Meth-Labor der Mafia ausgehoben worden: “Illegale Teigtaschenfabrik in Wien Favoriten ausgehoben”, “6 Chinesen verhaftet”, “Illegale Fabrik in Wien”. “Teigtaschen-Razzia in sämtlichen Wiener Asialokalen”, “Teigtaschen im Visier: asiatische Wirte wie Verbrecher behandelt”, “Die Dim-Sum Krise” – so und ähnlich lauteten die Schlagzeilen der letzten Tage. Mitten im Sommerloch hat diese Meldung ordentlich mediale Wellen geschlagen.
Was genau war passiert? Bei einer Razzia der Finanzpolizei in einer Privatwohnung im 10. Bezirk wurden 6 Chinesen “in flagranti” dabei ertappt, wie sie per Hand chinesische Teigtaschen herstellten. Ein Nachbar hatte sie angezeigt.
Franz Kurz, Leiter der Finanzpolizei berichtet: “Auf Tapeziertischen wurden Teigtaschen hergestellt und in mehreren Tiefkühltruhen gelagert, insgesamt wurden mehrere tausend Stück gefunden. Ich werde jedenfalls keine Teigtaschen mehr essen, weil ich gesehen habe, wie sie produziert wurden – die haben dort auch geschlafen und gegessen.“
Uuuh, wie grauslich!
In der Folge kündigte das Marktamt eine Überprüfung aller 535 Wiener Asialokale an. Momentan sind 45 Lebensmittelinspektoren unterwegs, die bisher in 5 Betrieben “illegale” Tascherl fanden. Das Marktamt betont, dass die Ware absolut in Ordnung sei und keinerlei Gesundheitsrisiko bestehe, trotzdem werde sie in der Tierkörperverwertung der Vernichtung zugeführt – illegal ist illegal! Der Sprecher des Marktamtes, Alexander Hengl betont: “Auch wenn vom Endprodukt keine Gefahr für Konsumenten ausgehrt: Hier wurde gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen und unter hygienisch bedenklichen Umständen produziert.”
Ist es tatsächlich hygienisch bedenklich, wenn Teigtaschen in einer Wohnung statt in einer Fabrik hergestellt werden?
Überall auf der Welt werden Teigtaschen von Hand hergestellt: In Küchen, auf der Straße, in Wohnungen, in Garagen, auf Marktständen und in Fabriken. Man braucht dafür keine Küche mit Herd, nur ein Schneidbrett, um die Zutaten zu hacken, eine Schüssel und einen Tisch, um den Teig auszuwalzen. Meistens wird mit bloßen Händen gearbeitet, denn die Feinmotorik ist gerade beim Falten von Teigtaschen wesentlich.
Natürlich ist die Beachtung von Hygiene dabei wichtig. Aber der Aufwand, der dafür getrieben wird, sollte in einem Verhältnis zum tatsächlichen Risiko und zur Größe der Produktion stehen. Niemand wird sich daran stoßen, wenn die Oma am Holzbrett Powidltascherl füllt und dabei weder Handschuhe, noch Schutzhaube trägt. Sie braucht auch keine berührungslosen Wasserhähne und Hygieneschleusen. Wenn ihre Powidltascherl köstlich sind, wird man sie gerne und sorglos essen. Die Erfahrung von vielen Generationen hat gezeigt, dass es dabei so gut wie nie zu Vergiftungen oder Erkrankungen kommt. Die Oma ist ja nicht deppert!
Die traditionelle Produktion hat sich bewährt
Viele Millionen von kleinen Produzenten im “Teigtascherlbusiness” in Zentral- und Ostasien arbeiten an kleinen Straßenständen oder offenen Küchen so wie die Oma; in manchen Gegenden buchstäblich an jedem Hauseck. Auch dort kann man sich weitgehend darauf verlassen, dass nix passiert – zumindest bei den Ständen, die regen Kundenverkehr haben. Sie achten automatisch auf die Frische der Ware und auf das Einhalten der traditionellen Zubereitungsmethoden, weil sich diese als best practice bewährt haben. Jede kleine Dim-Sum-Produzentin wird sich hüten, das Risiko einer Vergiftung oder Infektion einzugehen, indem sie verdorbene oder minderwertige Produkte verwendet. Es wäre ihr geschäftlicher Untergang.
Dieses handwerkliche System funktioniert seit Jahrhunderten weitgehend problemlos – zumindest was die Herstellung von Teigtaschen betrifft – solange es in den traditionellen Bahnen verläuft.
Anders ist es in der industriellen Produktion, wo in anderen Maßstäben mit anderen Abläufen und Methoden gearbeitet wird. Da kann man sich nicht auf die Erfahrung der Oma verlassen; und die Menschen, die dort arbeiten haben nicht die handwerkliche Kompetenz und Erfahrung wie kleine Selbstständige. Als schlecht bezahlte Arbeiter haben sie für gewöhnlich wenig Ahnung vom Produkt.
Die Industrie verlangt ein strenges Regelsystem an Vorschriften und Verboten, das leider für alle gilt
Um die Risiken, die aus der industriellen Produktion erwachsen, beherrschen zu können, wurde ein übergroßes und sehr strenges Regelsystem an hygienischen Vorschriften und Verboten erschaffen: Hygieneschleusen, berührungslose Wasserhähne, zwingende Verwendung von Plastik, Nirosta und Einwegtüchern, Entlüftungsanlagen, Desinfektionszyklen, Abstrichproben, Keimzählung, Handschuhe, Haarschutz, Klovorschriften, Ablaufdatum, die lückenlose Dokumentation der Lieferkette, das Verbot von Alltagskleidung und jede Menge bauliche Vorgaben. Zum Beispiel darf nicht im selben Raum produziert und verpackt werden, Klos brauchen einen separaten Vorraum. In den Räumlichkeiten darf nicht gegessen, geschlafen oder geraucht werden; und es ist nicht egal, aus welchem Material Wände, Boden und Plafond bestehen. Man könnte mit weiteren Beispielen ganze Seiten füllen.
Es sei dahingestellt, ob dieses immer weiter ausufernde Regelwerk für die Industrie in all seiner Strenge wirklich notwendig ist, oder ob das unbeirrbare Streben nach absoluter Sicherheit nicht schon etwas über’s Ziel hinausgeschossen ist.
Gerade diese Kleinstmanufakturen stellen die besten Produkte her
Ein wirklicher Killer ist es jedoch für das Kleingewerbe, also Menschen die etwas gut machen können und damit auch ein bisschen Geld verdienen möchten. Denn sobald man ein Produkt verkauft, ist man an all diese Vorschriften gebunden, auch wenn man nur ein paar hundert Euros umsetzt. Allein die Investitionen und der bürokratische Aufwand machen es hierzulande unmöglich, gute Produkte wie Teigtascherl in kleinem Maßstab zu leistbaren Preisen herzustellen und damit ein finanzielles Auslangen zu finden.
Das Traurige dabei ist, dass gerade diese Kleinstmanufakturen für gewöhnlich die besten Produkte herstellen, denen die Industrieware niemals das Wasser reichen kann.
Wirklich gute Teigtaschen müssen von Hand gemacht sein.
6 Personen und ein paar Tiefkühltruhen sind keine Fabrik
Das groteske an der Favoritner “Dim-Sum-Krise” ist, dass der Betrieb in den Medien als “Fabrik” dargestellt wird – 6 Personen und ein paar tausend Jiaozi in den Tiefkühltruhen – dass wir nicht lachen!
Wir haben unlängst in Taiwan am Marktstand mit Teigtascherl-Profis gesprochen: eine tüchtige und erfahrene Person schafft maximal 1000 Jiaozi am Tag, das sind in etwa 20 Kilo. In der Wiener Chinesen-Szene (die wir ganz gut kennen) wird ein Kilosack aus der Hinterzimmer-Tiefkühltruhe um etwa 7 Euro verkauft. Wenn man annimmt, dass der Händler für gewöhnlich die Hälfte kassiert, bleibt eine Wertschöpfung von maximal 70 Euro pro Person und Tag, wovon sicher ein großer Teil für den Wareneinsatz draufgeht. Denn für gewöhnlich werden in dieser Szene Zutaten von hoher Qualität verwendet.
Wir wissen nicht, ob wir jemals Erzeugnisse aus dieser Manufaktur gegessen haben, aber wir kennen und schätzen diese Hinterzimmertascherl der Wiener Chinesenszene seit vielen Jahren. Meistens sind sie sehr gut! (Im Hinterzimmer werden sie übrigens erst seit 2014 verkauft, als Folge einer damaligen Razzia).
Auch das Marktamt bestätigt, dass die beschlagnahmten und nun vernichteten Taschen von guter Qualität waren. Wären sie das nicht, könnte man sie in Wien nicht verkaufen.
Das geht bei uns natürlich nicht – woanders schon!
Sicher, die Betreiber haben auch gegen das Gewerberecht verstoßen, sie haben die Mitarbeiter nicht angestellt, keine Steuern und Lohnnebenkosten gezahlt – und das geht bei uns natürlich nicht.
Woanders schon – in vielen asiatischen Ländern sind kleine Garküchen und Manufakturen das Rückgrat der Alltagsernährung für hunderte Millionen. Da arbeiten Familienmitglieder, die Besteuerung ist minimal und pauschaliert. Bei den modernen Hygienevorschriften wird meist ein Auge zugedrückt, einfach weil das gut funktionierende und preiswerte Systeme sind, von denen alle etwas haben. Auch Menschen mit wenig Geld können dort gut essen. Selbst in hoch entwickelten und wohlhabenden Städten, wie Hongkong, Singapur, Kuala Lumpur oder Taipeh funktioniert diese Kultur der kleinen Handwerker. Deren Produktionsweise würde bei uns streng bestraft werden.
Es scheint so, dass bei uns nurmehr die industrielle Produktion mit hohen Investitionen und viel Bürokratie möglich ist. Die selbstbestimmte Exzellenz der kleinen Handwerker wird ausgemerzt.
Wien verliert ein hervorragendes Produkt!
Wir fragen uns, ob das mediale Echo auch so groß gewesen wäre, wenn – sagen wir 6 junge Burschen oder Mädels aus Kärnten – in Omas Küche ein paar hundert Kasnudeln hergestellt und im erweiterten Bekanntenkreis schwarz verkauft hätten.
Aber in besagtem Fall geht’s ja um Ausländer, zwei davon sind sogar “Illegale”!
Wir hoffen inständig, dass die Versorgung mit chinesischen Teigtaschen in Wien weiterhin funktionieren wird.
Unsere chinesischen Kochgenossen meinen allerdings, dass es damit nun endgültig vorbei sein wird; Wien verliert ein hervorragendes Produkt!
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