Eine radikal einfache Eisenkuppel stellt die trendigen Riesengriller allesamt in den Schatten
Seit Jahren überrollt uns eine Welle von Barbecue- und Grillmoden nach der anderen. Analog zu den angesagten breitarschigen SUVs auf den Straßen füllen sich Gärten und Dachterassen mit teuren und monströsen Kochgeräten: Smoker in Lokomotivgröße, riesige Gasgriller mit Namen wie “Big Fred” oder “Napoleon Prestige” – oder amerikanische Kugelgriller, deren Vorteil uns noch nie erschlossen hat. Hauptsache fett und protzig.
Dabei verwenden die Kulturen, bei denen die Traditionen des Grillens auch heute noch alltäglich sind, völlig andere Geräte. Sie sind viel einfacher, kleiner und praktischer. Auf asiatischen Märkten sieht man oft ganz schmale Grills, die wie Blumenkisterl aus Blech aussehen. Die haben einerseits den unschätzbaren Vorteil, dass man sich nicht die Finger verbrennt, und andererseits, dass sie praktisch nichts kosten.
Eine der genialsten Methoden wird bei unseren unmittelbaren Nachbarn am Balkan praktiziert, und das seit vielen Jahrhunderten. Kroatien-Urlauber haben sie vielleicht schon als Peka kennengelernt, weiter südlich und östlich wird diese Kochtechnik Sač genannt.
Es handelt sich dabei um eine uralte Tradition, die am gesamten Balkan samt Griechenland und in der Türkei verbreitet ist. Auch zu der nordafrikanischen Tajine besteht eine enge Verwandtschaft. Dabei wird nur mit indirekter Oberhitze gearbeitet, während gleichzeitig Fleisch und Gemüse im eigenen Saft dämpfen.
Es gibt fast nichts, was man in einer Peka nicht zubereiten kann
Auch das Gemüse, das bei jeder Peka reichlich dazugehört, erreicht eine ganz besondere Köstlichkeit, weil es in den austretenden Säften geschmort wird. Jeder Bissen ein Hochgenuss! Dabei kann man buchstäblich Alles verwenden: Kartoffeln, Zucchini, Karotten, Sellerie, Zwiebeln, Knoblauch, Kraut, Paprika und so weiter. Frische Kräuter wie Rosmarin und Thymian kommen auch gut. Fast jede Art von Fleisch und Geflügel ist dafür geeignet, ebenso wie Fisch, Oktopus und Krustentiere. Es gibt fast nichts, was man in einer Peka nicht zubereiten kann. Man kann darin sogar Brot backen.
Eine klassische Peka besteht aus einer Eisenkuppel, ähnlich einem umgedrehten Wok, und darunter einem etwas kleineren Blechtablett mit hohem Rand. Ein oder zwei lose Eisenringe verhindern, dass die Glutstücke herunterrutschen.
Wir haben mehr als einmal erlebt, dass Menschen beim erstmaligen Kosten einer Peka vor Entzücken laut schreien
Die Zutaten werden in das Tablett gelegt und mit der Kuppel zugedeckt, die dann mit glühender Holzkohle belegt wird. Am besten funktioniert das mit der Glut eines daneben brennenden Lagerfeuers. Man kann eine Peka auch einfach am Erdboden zubereiten. Reichlich Salz ist wichtig, aber mehr braucht es nicht, um alle erdenklichen Zutaten in unvergleichlich knusprige, saftige, zarte und mürbe Köstlichkeiten zu verwandeln, deren Säfte und Aromen sich auf einzigartige Weise verbinden.
Wir haben mehr als einmal erlebt, dass Menschen beim erstmaligen Kosten einer Peka vor Entzücken laut schreien – wir schwören es! Die Schwarte eines zerteilten Spanferkels oder eine Lammkeule erreichen eine goldbraune, gleichmäßige Knusprigkeit, die mit keiner anderen Gartechnik erreichbar ist, während das Fleisch besonders zart und saftig wird.
Der Witz dabei ist, dass gleichzeitig sanft gegrillt und gedämpft wird
Der Witz dabei ist, dass von oben per Strahlungswärme sanft und gleichmäßig gegrillt wird, während gleichzeitig alles schonend gedämpft wird – und zwar im Dampf der eigenen Säfte. In den meisten Fällen braucht man keinen Tropfen Flüssigkeit dazugeben!
Das einzige, worauf man achten sollte, ist, dass man nicht zu viel Glut aufhäuft. denn dann könnten die obersten Stücke ankohlen. Also die Sache eher sanft und geduldig angehen! Zwischendurch aufmachen und kontrollieren kann man jederzeit.
Natürlich hängt die Garzeit von Art und Größe der Fleischteile ab: Während Fische nicht mehr als insgesamt 20 Minuten benötigen, kann es bei einer großen Lammkeule schon mehrere Stunden dauern, bis das mürbe Fleisch vom Knochen geht. Eine allzu starke Bräunung kann man mit einem Stück Alufolie verhindern, das man zeitweise direkt auf die Zutaten legt.
Das Schöne dabei ist, dass sich das Gericht praktisch von selbst kocht
Ein bisschen Experimentieren ist also angesagt – ein großer Raum für kreative Kombinationen tut sich da auf! Eine Peka ist ideal für ein cometogether in Freien. Alles kann vorbereitet werden und macht sehr wenig Arbeit: Fleisch salzen, Gemüse in große Stücke schneiden – fertig! Während des Garvorgangs ist kaum etwas zu tun, man kann entspannt plaudern und ein Glas trinken und nur ab und zu die Glut kontrollieren. Mehrere Pekas sind auch ideal für größere Feste, weil der Arbeitsaufwand extrem gering ist und keinerlei zusätzliche Beilagen nötig sind.
Das Schöne dabei ist, dass sich das Gericht praktisch von selbst kocht, sobald es einmal unter der Gluthaube ist. Erst nach etwa 30 bis 60 Minuten öffnet man die Glocke und dreht die Fleischstücke um, damit sie rundherum bräunen, dann kommt die Glocke mit frischer Glut noch einmal so lange darüber – das ist im Grunde Alles.
Peka mit Spanferkel:
Zutaten für ca. 6 Personen:
- ca. 2,5 kg Spanferkel (z.B. vom hinteren Viertel, samt Haut und Knochen, vom Fleischer in große, dicke Scheiben geschnitten)
- 1,5 kg kleine, speckige Kartoffeln (festkochend)
- 500 g Karotten
- 6 Stk. kleine Zucchini
- 1 halber Krautkopf (Weisskohl)
- 400 g Schalotten oder Zwiebel
- 2 Knoblauchknollen
- 2 frische Zweige Rosmarin
- Salz
- Olivenöl
- optional: die Kroaten verwenden meist etwas Vegata (gekörnte Brühe, wie Suppenwürfel) – aber da werden die Puristen wieder aufheulen!
Zubereitung:
Vorbereitung:
- Fleischstücke rundherum kräftig mit Salz einreiben, am besten schon am Vortag. Wirklich viel Salz verwenden!
- Karotten schälen und längs halbieren
- Kartoffeln schälen
- Kraut vom Strunk befreien und in 6 Spalten teilen
- Zucchini nicht schälen, lediglich die Stielansätze wegschneiden
- Schalotten oder Zwiebel schälen. Kleine Exemplare ganz lassen, größere halbieren oder vierteln
Grillen in der Peka:
- Man benötigt entweder einen offenen Holzofen oder einfach ein Lagerfeuer am Erdboden oder eine Feuerschale. Traditionell wird die Glut des Feuers beiseite geschoben und die Peka auf den warmen Untergrund gestellt. Man kann auch ein paar Ziegeln im Feuer heiß machen und die Peka dann darauf zubereiten. Eine bosnische Peka wird auf einem Dreibein über die Glut gestellt.
- Einige Holzscheite niederbrennen lassen, nur die Glut und Asche wird für die Peka benötigt. Darauf achten, dass ständig ein Vorrat von Glut vorhanden ist. Alternativ dazu kann man glühende Holkohle bereithalten
- Etwas Olivenöl auf den Boden des Tabletts verteilen
- Zwiebelstücke, ganze Knoblauchzehen und 2 Zweige Rosmarin hineingeben
- auch Kartoffeln und alles Gemüse verteilen
- Alles kräftig salzen (in Kroatien wird oft auch ein bisschen Vegata (Suppenpulver) über Kartoffeln und Gemüse gestreut. Wir machen das nicht, weil wir die Eigenaromen nicht verfälschen wollen – allerdings haben wir es noch nie probiert)
- die Fleischstücke darauflegen und oben mit etwas Olivenöl bestreichen
- das gefüllte Tablett auf den freigeräumten, heißen Untergrund stellen (heißer Stein- oder Erdboden, oder Ziegel. Bei Feuerschalen aus Metall sollte man das Tablett auf eine Schichte heißer Asche stellen)
- das Tablett mit der Pekaglocke zudecken, die Eisenringe darauflegen und etwas Glut gleichmäßig über die Glocke verteilen. Nicht völlig bedecken, das wäre zu heiß! Im Zweifelsfall eher wenig Glut verteilen! Hier muss man einfach ein bisschen Erfahrung sammeln, denn es kommt darauf an, welches Holz verwendet wird.
- auch seitlich rundherum an den Rändern Glut anhäufen – hier darf es etwas mehr sein, denn die seitliche Glut sorgt dafür, dass auch die Zutaten unten am Boden erhitzt werden
- nach etwa 30 min die Glocke abheben und kontrollieren: wenn es schon dunkle Stellen gibt, diese mit Stücken einer Küchenfolie abdecken. Das Gemüse am Boden kontrollieren, ob es schon gart – wenn nicht, mit mehr seitlicher Glut arbeiten und/oder eine Schicht heißer Asche mit etwas Glut unter das Tablett geben. Wenn das Fleisch an der Oberseite noch zu wenig gebräunt ist und das Gemüse noch roh, nochmals 30 min unter die Peka mit frischer Glut geben
- dann abermals öffnen, Fleischteile umdrehen, ebenso Gemüsestücke, die an der Oberfläche gebräunt sind. Zumachen und nocheinmal 30 bis 60 min unter die Peka geben
- Peka rausnehmen und die Fleischteile aufschneiden
Prinzipiell gibt es zwei Risiken, auf die man achten sollte:
- bei zuviel Oberhitze kann die Oberfläche der Zutaten verkohlen – Abhilfe: relativ wenig Glut obenauf geben und im Zweifelsfall zwischendurch öffnen und kontrollieren. Abdecken von gefährdeten Stellen mit Küchenfolie.
- bei zu wenig Unterhitze kann das Gemüse am Boden nicht richtig garen – Abhilfe: mehr seitliche Glut am unteren Rand anhäufen und/oder heiße Asche unter das Tablett geben. Oder eine Peka mit Dreibein verwenden (siehe unten), das direkt in der Glut steht.
Natürlich hängt die Garzeit von Größe und Art der Fleischsstücke ab. Die hier angegeben Zeiten beziehen sich auf große, etwa je 400 g schwere Teile vom Spanferkel samt Schwarte und Knochen. Fisch oder Meeresfrüchte benötigen wesentlich kürzere Zeiten (dementsprechend sollte dafür das Gemüse in kleinere Teile geschnitten werden). Große Teile, wie ganze Lammkeulen, brauchen mehrere Stunden (in diesem Fall werden am Anfang exponierte Stellen mit Küchenfolie abgedeckt und empfindlichere Zutaten wie Zucchini oder Kartoffeln erst später dazugegeben).
Am Ende sollten idealerweise die Fleischteile rundherum knusprig gebräunt sein, und das Gemüse weich, mit angeschmorten braunen Stellen. Wenn ein paar Stellen schwarz werden sollten, so macht das gar nichts – im Gegenteil, es macht das Gesamtaroma erst richtig komplett. Aber natürlich nicht zuviel davon!
Bosnische Peka mit Dreibein:
Die oben beschriebene Kochtechnik stammt aus Kroatien, wo wir sie in Istrien kennengelernt haben. Dort steht die Peka immer direkt am Boden und das darunterliegende Tablett ist deutlich kleiner als die Glocke, meist emailliert und hat senkrechte Seitenwände.
In Bosnien und Serbien wird das ganze Konstrukt auf ein Dreibein gestellt und die Pekaglocke sitzt auf dem Tablett auf, dessen Seitenwände sich schräg nach oben öffnen:
Das hat den Vorteil, dass man die Temperatur der Unterhitze bequemer steuern kann. Auch darunter wird Glut ausgebreitet, nicht jedoch offene Flammen, das wäre zu heiß.
In Österreich ist es nicht einfach, eine Peka käuflich zu erwerben. Wir haben deshalb schon mit einem umgedrehten Wok gearbeitet, was übrigens hervorragend funktioniert hat.
Eine Einkaufsquelle haben wir im burgenländischen Oberwart gefunden:
https://www.willhaben.at/iad/kaufen-und-verkaufen/d/peka-sac-oven-grill-glocke-262379931/
Sebastian Beiglböck auf facebook:
Danke dass ihr diesen Grillirrsinn thematisiert. Was bei uns beim Grillen für Aufwand getrieben wird ist mir noch nie eingegangen.
Mein Schwiegervater in Südfrankreich häuft einfach Restholz auf einer Betonfläche auf, sobald die Glut passt das Steak (natürlich ohne Glutamatmarinade, nur Salz und Pfeffer) mit einem einfachen klappbaren Rost mit Füßen dran (https://www.amazon.de/Grillrost-Grill…/dp/B074CGNG8B) direkt auf die Glut, nach 5 Minuten pro Seite fertig und besser geht’s nicht.
Stimmt genau! Kenne Peka von Kroatien-Urlauben, fantastisch! Der kroatische Allroundwürzer heißt übrigens Vegeta.
…ganz genau! wenn man bedenkt, was sich die leute antun, wenn sie kleine würstchen oder spieße einzeln umdrehen, die dabei immer wieder durch einen rost fallen, den man in der höhe nicht verstellen kann, wie sie sich dabei die finger verbrennen – dann fragt man sich, warum dieses klumpert so verbreitet ist, während der überaus praktische klappgrill hierzulande kaum bekannt ist…
El Jel auf facebook:
Auch heute noch wird in Kroatien und Bosnien Brot unter der Peka gemacht.
Alo, you can buy Croatian sac in https://myboutika.com direktly from Croatia, pozdrav
Svaka čast, odlicno ste ovo uredili i prikazali!!?
The technique originally comes from Dalmatia, Croatia known as Peka. Also the spice mix used for Peka and many other dishes is spelled Vegeta not Vegata.
Pčelarstvo
Moin, geiles Rezept und wird nachgemacht, geile Mucke. Welches Lied ist das?
Danke für diesen Beitrag über Peka und Sac. Interessant, dass man Holzscheite niederbrennen lassen muss, um Glut und Asche für Peka zu gewinnen. Wir haben letztes Jahr Bosna bestellt und interessieren uns seitdem für diese Art von Küche.
The technique originally comes from Dalmatia, Croatia known as Peka. Also the spice mix used for Peka and many other dishes is spelled Vegeta not Vegata.