Beim Grillen sollte man von den Balkan-Ländern lernen, denn dort gibt es eine uralte Tradition dieser archaischen Kochtechnik: Fleisch, Zwiebel und Feuer – mehr braucht es nicht!
Oft ist es wichtig, die einfachsten und ursprünglichsten Kochtechniken zu erkunden, um zu verstehen, worum es beim Kochen wirklich geht. Wenn man bedenkt, wie viele Zutaten hierzulande benötigt werden, um Fleischlaberl, Faschierte Braten, Buletten oder Hackbraten herzustellen, dann erscheint der traditionelle Umgang mit faschiertem Fleisch bei unseren südöstlichen Nachbarn als geradezu erleuchtend klar und auf das Wesentliche reduziert: kein Brot, kein Ei, keine Brösel, kein Senf, keine Milch, kein Mehl, kein Knoblauch, kein Petersil – sondern im Grunde nur Fleisch und Zwiebel, Salz und Pfeffer. Die bosnisch-serbisch-kroatische Variante des “Hacksteaks” heißt Pljescavica (von pljeskati für “in die Hände klatschen”). Es ist ein sehr einfaches Gericht, archaisch und kein bisschen “verfeinert”, und doch ein kleines Meisterwerk des traditionellen fooddesign.
Normalerweise wird gehacktes Fleisch beim Braten trocken, fest und bröselig, und hat die Tendenz, leicht zu zerfallen. Alle unsere Extrazutaten sollen das korrigieren: Eingeweichtes Brot lockert auf, Ei verhindert das Zerfallen, Mehl bindet, und so weiter. Sie sind verfahrenstechnische Hilfsmittel.
Reiben statt schneiden!
Für Pljeskavica braucht man das alles nicht. Mit den einzigen Zutaten Fleisch und Zwiebel, und dem Wissen, wie es geht, kann man alle erwünschten Eigenschaften steuern: Konsistenz, Saftigkeit, Biss, Bruchfestigkeit, etc. Auch das vorherige Anschwitzen des Zwiebels ist unnötig. Was ist also das Geheimnis dahinter?
Die Antwort ist einfach: Reiben statt schneiden!
Schnell und einfach, mit einer normalen, groben Küchenreibe, wird der Zwiebel zu einem Püree verarbeitet, das dann mit dem Fleisch vermischt wird. Je mehr Zwiebelpüree, desto saftiger und lockerer das Endprodukt.
Das ist übrigens eine Technik, die von Indien über Persien, Arabien und die Türkei bis eben zum Balkan verbreitet ist – historisch gesehen von den Moguln bis zu den Osmanen.
Die zweite grundlegende Technik ist das Kneten der Fleischmasse mit den Händen: je länger, desto mehr Eiweiß tritt aus den Muskelzellen aus, erhöht die Klebekraft und verhindert, dass die Fladen am Grill auseinander fallen.
Großflächige, dünne “Pletschn”
Das dritte Designelement ist die Formgebung: flach, breit und überall gleichmäßig dünn, nicht mehr als 10 mm. Also kein Dreh-Elipsoid wie Laberl und Buletten, sondern eine großflächige, dünne “Pletschn”– wie man in Wien sagt. Das ermöglicht ein sehr kurzes Grillen bei großer Hitze, ohne dass das Fleisch austrocknet. Wir grillen bei “Vollgas” 90 Sekunden pro Seite.
Gewürzt wird nur mit Salz und Pfeffer, allenfalls ein bisschen getrocknete Kräuter, wie Oregano dürfen dazu. Wichtiger als die Würzung ist die Frage, welches Fleisch verwendet wird. Traditionell wird Rind, Lamm und Schwein kombiniert, doch gibt es viele unterschiedliche Variationen. Die bei uns übliche Mischung Schwein/Rind funktioniert bestens.
Doch wer etwas besonderes will, kann damit experimentieren, selbst zu faschieren (wie sagen da die Deutschen dazu? Wolfen?) und ausgewählte, besondere Fleischteile verwenden. Ein moderner Trick ist die Zugabe von etwas Sodawasser, das verbessert die Textur.
Viele lassen die Fleisch-Zwiebelmischung einige Stunden im Kühlschrank ziehen, damit sich die Aromen verbinden.
Zutaten für ca. 4 Portionen:
- 800 g Faschiertes (Hackfleisch), gemischt von Schwein und Rind (im Original oft auch zusätzlich mit Lammfleisch)
- 2 mittelgroße Zwiebeln
- 2 TL Oregano
- etwas Sodawasser
- Salz
- Pfeffer
- Öl
Zubereitung:
- Das Fleisch sollte Kühlschranktemperatur haben. Wenn man selbst faschiert (wolft), sollte es vor der Weiterverarbeitung gekühlt werden.
- Zwiebel mit einer Küchenreibe zu einem Püree reiben (die gröbere Seite sollte passen).
- Sofort mit dem Faschierten mischen, damit der Zwiebel nicht oxidiert. Mit Salz und Pfeffer kräftig würzen (abschmecken, jawohl!) und 5 min mit den Händen kräftig durchkneten. Dabei ein, zwei Spritzer von kaltem Sodawasser einarbeiten, das macht eine schönere Textur.
- Wenn man Zeit hat, ist es günstig die Mischung für ein paar Stunden im Kühlschrank ziehen zu lassen.
- Aus der Masse großflächige, gleichmäßig dünne Fladen formen (8-10 mm). Die wienerische Bezeichnung “Pletschn” trifft die Form auf den Punkt. Auch die Ränder gut drücken damit keine Risse entstehen. Der Begriff “pljeskavica” kommt von “in die Hände klatschen” – wir wissen also, was zu tun ist.
- Um mit rohen, dünnen Pljeskavicas zu hantieren, benötigt man eine breite Spachtel oder Kelle, um sie richtig aufschaufeln zu können; auch auf dem Grill.
- Auf einer eingeölten Unterlage nebeneinander lagern und mit Küchenfolie abdecken.
- Den Grill auf maximale Hitze bringen und auf jeder Seite etwa 90 sec grillen. Nur einmal wenden.
Die traditionelle Begleitung ist auf jeden Fall frisch gehackter Zwiebel, Kajmak und Ajvar. Weil wir Kajmak nirgends bekommen, machen wir Pistitsatsiki dazu, und werfen ein paar eingesalzene und geölte Zucchini- und Melanzanischeiben auf den Grill; und undedingt auch ein paar scharfe Pfefferoni!
Sie schreiben “….weil wir Kajmak nirgends bekommen, machen wir Pistitsatsiki dazu…” möchte ich anmerken, ich habe letztens Kajmak am Meidlinger Markt in der Bäckerei “Diwan” bekommen und auch bei fast jedem türkischen Supermarkt ist es erhältlich!
Weil sie schreiben “kein Kajmak” – es gibt bei den Türkischen Supermarktketten den Balkanischen Kajmak – und am Meidlinger Markt auch das Ajvar von BioBalkan, der wirklich gut ist!