Der aromatische Grundakkord der österreichischen Küche
Das gute, alte Suppengrün – gottseidank gibt es das noch! Mit Gummiringerl zusammengebunden, ohne Folie und Styropor, die ja nur dazu dienen, dem Barcode-Pickerl Platz zu bieten. Eine letzte Bastion der klugen Produkte, die unbedingt verteidigt werden muss!
Unsere “foodways” werden ja immer mehr von den Sachzwängen einer großindustriellen Vertriebslogistik bestimmt; was die Konsumenten gerne hätten, spielt überhaupt keine Rolle mehr.
Wir kennen niemanden, der es begrüßt, dass jeder Kleinscheiss in Plastik und Styropor verpackt wird! Das oft gehörte Argument der Hygiene ist eine geradezu lächerliche Ausrede. Niemand will das. Es stellt sich die Frage, ob die marktbeherrschenden Supermarktketten der geeignete Ort für den Obst- und Gemüsehandel sind, vor allem, wenn man deren fast schon obszöne Preise bedenkt.
Auf Märkten und bei den türkischen Gemüsehändlern bekommt man bessere Qualität zu einem Bruchteil des Preises. Aber sind wir vorerst einmal froh, dass es das Suppengrün noch gibt, auch in den Supermärkten!
Suppengrün ist der geschmackliche Grundakkord der österreichischen Küche. Zusammen mit Zwiebel ist es die aromatische Basis von Suppen und Saucen. Die Bestandteile sind im ganzen Land immer gleich:
- Karotte
- Gelbe Rübe
- Knollensellerie
- Lauch (der grüne Teil)
- Petersilwurzel
- Petersil (glatt)
- Zwiebel kommt in fast allen Fällen dazu
Freilich gibt es soetwas auch in anderen Ländern. Die meisten Küchen der Welt besitzen das, was wir hier den “Aromatischen Grundakkord” nennen.
In Deutschland kennt man das Suppengrün auch, aber dort ist keine gelbe Rübe dabei.
die Gelbe Rübe hat einen guten Grund
So kann man mit ein bisschen gutem Willen also doch von einem authentischen österreichischen Suppengrün sprechen. Denn die Gelbe Rübe hat einen guten Grund: Sie ist weniger süß als die Karotte. Und es ist für eine gute Suppe wichtig, dass sie nicht zu süß und karottenlastig daherkommt.
Leider ist auch bei den abgepackten Produkten in österreichischen Supermärkten der Karottenanteil viel zu groß.
Von Mirepoix und Soffritto bis zur Heiligen Dreifaltigkeit
Mirepoix in Frankreich und der italienische Soffritto basieren auf einer ähnlichen Gemüsemischung, die meist fein gewürfelt angebraten wird, aber auch im ganzen für Suppen verwendet wird. In beiden Fällen sind die drei Grundbestandteile Karotte, Zwiebel und Stangensellerie.
Die Kombination aus Zwiebel, Knoblauch, Paprika und Tomate wird in Spanien Sofrito, in Portugal und Brasilien Refogado genannt.
Die Gerichte der Cajun-Küche in den Südstaaten der USA basieren auf einer Kombination, die folgerichtig Holy Trinity (heilige Dreifaltigkeit) genannt wird. Sie besteht aus Zwiebel, grünem Paprika und Stangensellerie.
In Indien besteht dieser “Dreiklang” aus Ingwer, Knoblauch und rotem Zwiebel, während in China stattdessen in der Regel Jungzwiebel zum Einsatz kommt.
mit Geschmack aufladen
Die Zutaten dieser unterschiedlichen Ideen des Soffritto bezeichnen wir nicht unbedingt als Gewürze, sie können auch als Hauptzutaten gegessen werden, aber in diesem Zusammenhang werden sie wie Gewürze als Mittel zur Aromatisierung der Hauptzutaten verwendet. Die Italiener nennen diesen Vorgang insaporire – also mit Geschmack aufladen.
eine Grundstruktur der verschiedenen Kochsprachen
Diese grundlegenden Geschmacksbilder sind ein wesentlicher Bestandteil der regionalen Küchen. Sie sind eine Grundstruktur der verschiedenen Kochsprachen und ihrer regionalen „Dialekte“.
‘Leider ist auch bei den abgepackten Produkten in österreichischen Supermärkten der Karottenanteil viel zu groß.’
Ganz richtig, sehr wichtig!