Dieses Gulasch aus dem legendären Café Anzengruber genießt in Wien Kultstatus, obwohl es sich vom klassischen Saftgulasch deutlich unterscheidet. Sein Ursprung dürfte weiter südlich am Balkan liegen.
Auf das Rezept hat uns der Journalist und Gastrokritiker Klaus Kamolz gebracht, der es schon vor einigen Jahren in den Magazinen Profil und A la Carte veröffentlicht hat.
In der Zwischenzeit wurde es bei den Kochgenossen dutzende Male gekocht – und auch nach dieser Gewöhnung ist es für uns ein Modellbeispiel für ein Gericht, das perfekt auf den Punkt gebracht ist.
Ursprünglich stammt das Rezept von Ankica Šarić, der Wirtin des Café Anzengruber in der Wiener Schleifmühlgasse, das übrigens auch für sein Schnitzel berühmt ist.
Eine Besonderheit ist der Verzicht auf Gewürze, die sonst für ein Wiener Gulasch typisch sind: kein Knoblauch, kein Kümmel und kein Majoran!
Und statt des sonst üblichen Wadschunkens (Hesse) wird ein gut gereiftes Schulterscherzl (Schaufelstück oder Mittelbugstück) verwendet. Dessen gallertiger Kern, Fett und Bindegewebe werden vorher herausgeschnitten und nebenbei mit etwas Suppengrün zu einer konzentrierten Bouillon verkocht, während die Zwiebeln schmoren.
Wie bei einem Risotto wird immer wieder nur ein bisschen davon in das schmorende Gulasch geschöpft. Auf diese Weise bekommt es den unverzichtbaren Anteil an Gelatine, obwohl die Fleischwürfel ohne Fett und Flachsen zugeputzt sind.
Und ja – wir wissen, dass wir wieder Prügel beziehen werden, denn auch hier wird “böses” Glutamat verwendet, in Form des am ganzen Balkan omnipräsenten Suppenpulvers Vegeta – nur in Spuren, aber doch! Und wir finden trotz Prügel, dass das durchaus positiv zum aromatischen Gesamtbild beiträgt. Wir haben es mehrmals mit und ohne ausprobiert.
Wer damit Probleme hat, kann es ja weglassen.
Zutaten für 6 Personen:
- 1 kg Schulterscherzl vom Rind, gut gereift
- 1 kg Zwiebel
- 1 Bund Suppengrün
- Butterschmalz oder Öl
- 3 EL Paprikapulver edelsüß
- 1-3 TL Chiliflocken (“Pul Piber” aus dem Türkenladen)
- 1 EL Vegeta (Suppenpulver) oder 1 Rindsuppenwürfel
- 2 TL schwarzer Pfeffer, grob gemahlen
Zubereitung:
- Bindegewebe, Fett und die Gallertschicht aus der Mitte des Schulterscherzels herausschneiden. Diese Abschnitte mit 1l Wasser und dem grob geschnittenen Suppengrün ständig nebenbei köcheln lassen. Die dabei entstehende Boillon wird später zum Aufgießen des Gulaschs gebraucht – ähnlich wie bei einem Risotto. Wenn möglich sollte man das schon vorher machen, denn je länger die Kochzeit, desto besser!
- Zwiebeln klein schneiden und mit 3 EL Butterschmalz (oder Öl) 90 min ganz sanft anschwitzen (minimale Hitze!). Immer wieder rühren, damit nichts anbräunt. Danach sollten sie nur eine helle, gelbliche Farbe bekommen haben, nicht jedoch gebräunt sein! (In diesem Fall ist die gleichmäßige Hitze einer Elektroplatte besser als eine Gasflamme)
- das zugeputzte Fleisch in Würfel von 4-5 cm Kantenlänge schneiden. Sobald die Zwiebeln fertig sind (nach 90 min), das Fleisch dazugeben und andünsten, bis es außen nicht mehr rot ist
- Pfeffer, Paprika, Chiliflocken und Vegeta (Suppenwürfel) dazugeben, kurz durchrühren und dann mit einem Schöpfer Bouillon aufgießen
- ca. 90 min köcheln und immer wieder mit Bouillon aufgießen. Erst am Schluss mit Salz abschmecken
- wenn das Fleisch nach 90 min noch zu fest sein sollte, braucht es weitere Kochzeit
Tipp: Noch besser wird das Gulasch, wenn man es über Nacht im Topf gekühlt stehen lässt und erst am nächsten Tag wieder aufwärmt. Dabei sollte es am Boden ganz leicht anbrennen. Mit einem hölzernen Kochlöffel spürt man die angelegte Schicht am Boden, die dann abgelöst und untergerührt wird (dabei ist wieder die Gasflamme von Vorteil!).
Das wurde das beste Gulasch das ich jemals zusammengebracht habe. Mit 2kg Schulterscherzl vom Galloway.
Danke Burschen!
Freundschaft, liebe Kochgenossen. Zuerst einmal ein großes Dankeschön für eure tolle Arbeit. Und jetzt meine Frage: Habe das Anzengruber Gulasch buchstabengetreu nachgekocht, aber die dunkle Farbe, die das Gulasch im Anzengruber aufweist, habe ich nicht hinbekommen. Hatte schon vorher der Verdacht, dass da noch ein Geheimnis dahintersteckt. Nur das Angebrannte abschaben kann es nicht sein. Schwarzbier, gar Saucenwürfel? Geschmacklich war es jedenfalls ziemlich nahe am Original. Und ja, Vegeta ist super und neuerdings angeblich ohne Glutamate. Liebe Grüße, Andreas
Lieber Andreas,
Gute Frage – der Farbunterschied ist uns auch aufgefallen, aber auch wir haben keine Erklärung dafür. Angebrannt sollte bei dem Rezept gar nichts sein und Schwarzbier färbt vermutlich nicht genug. Wir werden versuchen, dem auf den Grund zu gehen.
Liebe Grüße von den Kochgenossen
Und, das angebliche “Geheimnis” der Schwarzen Madonna im Gulasch vom Anzengruber schon gefunden?
Bin etwas irritiert: zwar liegt die Anzengruberrezeptur vor, (von wem überhaupt?) aber kein Wort über die auffällige Farbe, obwohl die Farbe das Erste ist was auffällt. Meine Nullhypothese: Lebensmittelfarbe.
also so schwarz ist das anzengruber-gulasch auch wieder nicht – im artikel ist ein foto vom original. und im artikel steht genau, von wem das ist
Freudschaft liebe Kochgenossen!
Tolle Homepage, anschaulich und lehrreich.
Einfach gelungen…..
Hochachtungsvoll
Martin Rothmayer
Vielen Dank!
Liebe Kochgenossen, lieben Dank für eure auf den Punkt gebrachten Rezepte. Zum Geheimnis der dunklen Farbe des Anzengruber-Gulasch wollte ich euch das Ergebniss meiner Recherchen mitteilen und um eure Meinung bitten. In den Rezeptangaben findet sich Pul Piber. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um Isot oder Urfa Chili, welches durch Fermentation schwarz gefärbt ist. In die Rezeptangaben ist die irreführende Bezeichnung Pul Piber (man beachte: nicht Pul Biber) wohl deswegen gekommen, weil am Wiener Naschmarkt, der ja gleich um die Ecke vom Cafe Anzengruber ist, der Isot oder Urfa Chili als Isot Piber bezeichnet und verkauft wird? Vielleicht könnt ihr das bei eurem nächsten Nachkochen des Anzengruber-Gulasch überprüfen und bestätigen. Für eure Beurteilung dazu wäre ich euch sehr dankbar. Herzliche Grüße, Bernhard
Wir werden dem nachgehen, vielen Dank
War gestern auch im Anzengruber und das Gulasch ist wirklich sehr sehr dunkel aber natürlich im Geschmack einzigartig und zum niederknien.
Ich hätte vielleicht noch eine Erklärung Rotwein oder Ruby Portwein im Ansatz. Ansonsten kriegt man die Farbe nur mit Zuckercoleur hin was ja kein Verbrechen wär.