Dieser Klassiker der Wiener Küche lässt schon bei der bloßen Erwähnung des Namens bei vielen das Herz aufgehen und das Wasser im Mund zusammenlaufen – für Kenner oft ein Lieblingsessen, wenn es nur richtig gemacht ist!
Wie so viele österreichische Speisen hat auch diese ihren Ursprung in Ungarn: Paprikás Csirke wird dort das im ganzen Land äußerst populäre Gericht genannt.
Bei der Transformation vom ungarischen Original zum Klassiker der Wiener Küche sind die Veränderungen relativ gering, wenn man vergleichsweise das berühmte Gulasch betrachtet: da ist das Wiener Saftgulasch meilenweit vom ungarischen gulyás entfernt, das eigentlich eine Suppe ist. Das österreichische Gulasch entspricht eher dem ungarischen pörkölt.
Die Unterschiede liegen im Detail – während in Wien etwas Zitronenzeste und Majoran zum Paprikahenderl dazukommen, verwendet man in Ungarn für das Paprikás Csirke gern ein bisschen frischen, scharfen Spitzpaprika; und die Hühnerstücke werden dort üblicherweise nicht als Erstes angebraten – in Wien aber schon. Ansonsten sind die gängigen Zubereitungsarten ziemlich identisch.
Auch Nockerl (ungarisch nokedli) sind als Beilage da wie dort gebräuchlich.
möglichst frisches Paprikapulver bester Qualität
Die wichtigste Zutat ist das süße Paprikapulver – es sollte möglichst frisch sein, was man an der Farbe erkennt: frisch gemahlen ist es von einem intensiv leuchtenden Rot, während es bei längerer Lagerung eher matt-rostbraun wird und rasch sein intensives Aroma verliert – sogar bei luft- und lichtdichter Lagerung. Wir haben vor kurzem aus Ungarn eine ganz frisch gemahlene Lieferung bester Ware bekommen!
Natürlich kann man einen Brühwürfel für die Hühnersuppe verwenden, aber weil bei einem ganzen Huhn ja auch Teile anfallen, die nicht in die Sauce kommen (Wirbelsäule mit Rücken, Hals, Flügelspitzen, Innereien), kann man damit und mit etwas Suppengrün nebenbei eine Bouillon am Köcheln halten, die man wie bei einem Risotto immer wieder zum Aufgießen verwendet.
gelatinöse Anteile
Und freilich kann man auch einfach ausgelöste Hühnerbrüste verwenden – doch fehlen dann die gelatinösen Anteile, die für eine geile und sämige Sauce essenziell sind. Auch die Haut lassen wir dran.
Wenn man schon keine Haut und Knochen haben will, dann sollte man ein paar Hendlhaxerl (Unterkeulen) mitschmoren und aus Hühnerrücken oder Karkassen separat einen konzentrierten Fond machen, mit dem man immer wieder aufgießt.
kostet Zeit, zahlt sich aber aus!
Ganz wichtig ist auch das ganz langsame “Anschwitzen” der Zwiebel bei geringster Hitze – wie bei allen Gerichten vom Typus “Gulasch”! Eine halbe Stunde sollte es bei diesem Rezept schon dauern, wenn man die volle Aromenentfaltung will. Bei unserem Lieblings-Gulaschrezept sind es sogar 2 Stunden – kostet Zeit, zahlt sich aber aus!
wir pürieren nicht! Und was ist schon hübsch?
Viele pürieren die Sauce am Schluss, damit sie “hübsch” glatt aussieht. Das machen wir nicht, denn wir wollen eine komplexere Struktur in der Sauce; und was ist schon hübsch am Glatten, Strukturlosen? Nur für’s Auge, nicht für den Mund! Die Zwiebelstückchen sind ohnehin so weich, dass sie fast zergehen.
Dafür hacken wir Zwiebel und Knoblauch aber extrafein (Zick Zack Zyliss – wem das was sagt)
ein Spätzle- oder Knöpfle-Hobel
Für die Nockerl verwenden wir einen Spätzle- oder Knöpfle-Hobel, weil das die schnellste und einfachste Methode ist, um den Teig rasch ins kochende Wasser zu bringen. Auch ein einfaches Lochblech, durch das man den Teig spachtelt, funktioniert gut.
Die klassische Wiener Methode, bei der die Nockerl einzeln mit einem Löffel ins Kochwasser appliziert werden, verlangt Übung und Schnelligkeit; denn wenn man brodelt, sind die ersten schon überkocht und labbrig, bevor die letzten ins Wasser kommen.
Eine weitere Methode ist das streifenweise Abschaben des Teiges von einem flachen Brett mit dem Messer. Auch das verlangt ein bisschen Übung und Tempo, denn die Nockerl sind blitzschnell fertig; ein bis zwei Minuten wenn sie klein sind.
Im Zweifelsfall nicht zu viele auf einmal kochen, sondern kleinere Mengen in Etappen.
Zutaten für 4 Personen:
- 1 ganzes Huhn (etwa 1,5 kg)
- 2-3 große Zwiebel (insgesamt ca. 300 g)
- 2-3 große Knoblauchzehen
- 2-3 EL Schweineschmalz (oder geschmacksneutrales Öl)
- 3-4 EL frisches Paprikapulver bester Qualität (süß)
- 1 EL Tomatenmark
- 2 TL getrockneter Majoran
- geriebene Schale von etwas weniger als 1/2 Zitrone
- Suppengrün für die Hühnerbouillon (1 kleine Karotte, etwas gelbe Rübe, ein kleines Stück Knollensellerie, etwas Petersilwurz, 1 kleine Zwiebel, etwas Petersil)
- 1 Lorbeerblatt & 8 Pfefferkörner für die Hühnerbouillon
- 3 EL Sauerrahm (Saure Sahne)
- 3 EL Schlagobers (Süße Sahne)
- 2 EL Mehl
- Salz & Pfeffer
Nockerl:
- 300 g Mehl (griffig)
- 3 große oder 4 kleinere Eier (insgesamt ca. 200 g mit Schale)
- 1/2 TL Salz
- ca. 180 ml Milch
- Butter zum Abschmälzen
Zubereitung:
- das Huhn waschen und gut abtrocknen
- mit einer Geflügelschere die Brust in der Mitte längs aufschneiden und auseinander klappen. Links und rechts von der Wirbelsäule entlang schneiden und so den mittleren Rücken herausschneiden. Zusammen mit Hals, Flügelspitzen und Innereien für die Bouillon aufbewahren
- Flügelspitzen abschneiden und die Brustsücke quer halbieren, die Keulen am Gelenk in Ober- und Unterkeule trennen – insgesamt sollten jetzt also 8 Teile vorhanden sein: je 2 mal Oberkeule, Unterkeule, Brustspitze, Brustteil mit Flügel
- eine kleine Zwiebel am Äquator halbieren und mit der Schnittfläche nach unten in einem Topf ohne Fett anrösten, bis sie schwarze Stellen hat; dann mit kaltem Wasser aufgießen
- Wirbelsäule, Hals, Innereien und Flügelspitzen mit dem Suppengrün gleich dazugeben, ebenso 1 Lorbeerblatt und 8 Pfefferkörner; zum Kochen bringen, kein Salz!
- Zwiebel sehr fein hacken (wir verwenden das “Zickzack”-Gerät von Zyliss)
- Knoblauch ebenfalls sehr fein hacken
- Hühnerteile kräftig salzen und bei starker Hitze in Schweineschmalz (oder Öl) kurz und kräftig rundherum anbraten; herausnehmen und aufbewahren
- Zwiebel im selben Fett sehr langsam bei geringster Hitze anschwitzen, bis er weich und glasig ist, aber höchstens ganz leicht bräunt – das dauert auf jeden Fall länger als 20 min
- dann Knoblauch zugeben und weitere 3 min braten
- Tomatenmark zugeben und bei mehr Hitze 1 min unterrühren
- Hitze ganz abdrehen und Paprikapulver 1 min unterrühren
- Hitze wieder aufdrehen und Hühnerteile kurz mitschmoren, dann mit wenig Hühnersuppe aufgießen
- Zitronenzeste und Majoran dazugeben und weiterschmoren
- immer wenn die Sauce zu dick wird, mit etwas Hühnersuppe aufgießen, aber nicht zuviel – Schmoren ist nicht in Suppe kochen, sondern die Balance zwischen Köcheln und Anbraten! Auch wenn sich die Sauce kurz am Boden anlegt und wieder verrührt wird, ist das keinesfalls ein Schaden, natürlich in Grenzen – schwarz darf nichts werden.
- Deckel halb auflegen und alle paar Minuten kontrollieren, ob sich nichts am Boden ansetzt; falls ja, mit dem hölzernen Kochlöffel abschaben und verrühren (gelegentliches Anlegen ist durchaus positiv!); falls nötig, mit mehr Suppe aufgießen
- insgesamt sollte der Schmorvorgang 45 bis 60 min dauern, jedenfalls solange, bis das Fleisch weich aber noch bissfest ist
- mit Salz & Pfeffer abschmecken
- Hühnerstücke aus der Sauce nehmen
- Sauerrahm und Obers in einer Schüssel mit 2 EL Mehl verrühren und in die Sauce einrühren – kurz aufkochen lassen
- Fleisch wieder dazugeben
Nockerl:
- Eier mit Milch und Salz mit einem Schneebesen verrühren
- Mehl unter Rühren nach und nach zugeben
- nun mit einem hölzernen Kochlöffel durchschlagen, bis der Teig glatt und klumpenfrei ist und ein paar Blasen wirft
- der Teig sollte fest sein, aber vom Kochlöffel noch langsam und zäh herunter rinnen
- 3 min rasten lassen (aber nicht zu lange!)
- kochendes Wasser salzen und den Teig durch den Spätzlehobel ins Wasser tropfen lassen
- wenn sie aufschwimmen, sind die Nockerln fertig (dauert nicht länger als 2 min)
- ableeren und ganz kurz mit kaltem Wasser abschrecken
- etwas Butter in einer Pfanne zergehen lassen und die Nockerl darin schwenken und wieder erwärmen