Pasta der Berge
In den Bergen und im Vorland der Ostalpen ist ein archaisches “Pastaformat” weit verbreitet, bei dem der Teig direkt in kochendes Wasser getropft wird: Von den Ennstaler und Pinzgauer Kasnocken im Osten, über Tirol und das Allgäu mit den Kasspatzen, Vorarlberg mit seinen Käsknöpfle und die schweizerischen Chäsknöpfli, bis zu den schwäbischen Kässpätzle ganz im Westen.
Diese Gerichte sind ein Musterbeispiel einer uralten Kochtradition, die ausschließlich regionale Zutaten verwendet: Käse, Butter, Mehl, Ei und Zwiebel.
Während bei den Steirischen und Salzburger Nocken meist nur eine Käsesorte verwendet wird, kommen bei den Vorarlberger Knöpfle gleich 3 sehr interessante Käse zum Einsatz:
- Sura Käs – ein Relikt aus den Urzeiten der Käseproduktion bei den Kelten, bei dem die Milchgerinnung nicht mit dem üblichen Lab-Ferment eingeleitet wird, sondern ein Käse, der direkt aus der Sauermilch hergestellt wird. Eine Resteverwertung für die Magermilch, die bei der Buttererzeugung anfällt, und dadurch fast völlig fettfrei ist. Einst ein typischer Arme-Leute-Käse, denn die fette Butter musste großteils an die Obrigkeit abgeliefert werden. Hat ein frisch-säuerliches Aroma, wird in Vorarlberg auch mit Zwiebel in Essig und Öl gegessen. Ähnlich dem weiter östlich produzierten Graukas.
- Rässkäs – ein gewaltiger Stinker, der traditionell im Winter, wenn die Kühe im Stall stehen und Heu fressen, produziert wird.
- Vorarlberger Bergkäse – traditionell auf den Sommeralmen hergestellter, vollfetter und gereifter Käse. Geschützte Herkunftsbezeichnung (kein Silagefutter, manuelle Produktion nach traditioneller Methode). Für die Knöpfle sollte er mindestens 12 Monate gereift sein.
Die Kombination dieser 3 Sorten ergibt ein aromatisches Abbild der Traditionen einer regionalen Milchkultur: Sommerkäse, Winterkäse und der spezielle Sauermilchkäse – also alle Aromen des “Käsejahres” dieser Bergregion in einer Speise. Es ist der aromatische Ausdruck einer Region und ihrer Geschichte.
Ganz entscheidend ist auch die richtige Zubereitung der Röstzwiebeln, bei der Geduld und Langsamkeit gefragt sind. Zwei Stunden sollte es schon dauern, bis sie perfekt sind: süß, knusprig braun – aber keinesfalls schwarz!
In Vorarlberg, der Schweiz und in Süddeutschland wird spezielles Spätzlemehl verkauft, das einen Anteil von Hartweizen hat; allerdings gelingen sie auch mit normalem, “griffigen” Mehl ganz gut.
Unverzichtbares Werkzeug ist ein Spätzle- oder Knöpfle-Hobel, oder auch ein simples Lochsieb mit Spachtel.
In Vorarlberg werden die Knöpfle mit Kartoffelsalat und Apfelmus (jawohl!) gegessen, auch wenn das den Ostösterreichern suspekt erscheinen mag – die Kombination ist köstlich! Dafür wird der Kartoffelsalat nicht gesüßt.
Der Unterschied zwischen Spätzle und Knöpfle liegt in der Konsistenz: Knöpfle sind fester, kompakter und kleiner als Spätzle; ihr Biss ist mehr al dente. Teig und Hobel sind die gleichen, nur die Teigkonsistenz ist unterschiedlich. Dadurch ist die Arbeit am Hobel bei Knöpfle anstrengender als beim weicheren Spätzleteig.
Dieses Rezept stammt von der Familie Rauch aus Rankweil. Johanna Rauch hat es für uns zubereitet.
Zutaten für 4 große Portionen:
- 500 g Spätzlemehl oder griffiges Mehl (Typ 480 oder 410)
- 5 große Eier oder etwas mehr
- Salz
- ca. 100 ml warmes Wasser
- 700 g Zwiebel
- 125 g Butterschmalz
- 60 g Butter
- 120 g Sura Käs (Vorarlberger Sauermilchkäse)
- 120 g Rässkäs
- 120 g Vorarlberger Bergkäse (mindestens 12 Monate gereift)
- Pfeffer
Zubereitung:
- Zwiebel halbieren, dünnblättrig schneiden und in einer möglichst großen Pfanne in viel Butterschmalz bei mäßiger Hitze ohne Bräunung glasig anbraten. Immer wieder umrühren. Dann auf minimale Hitze zurückdrehen und mindestens 90 min ganz sanft schmoren. Je langsamer und länger, desto besser.
- Danach Hitze erhöhen und kurz knusprig braun braten – aber nicht schwarz! Das ist ein heikler Augenblick und es kann um Sekunden gehen!
- Den Röstzwiebel mit einer Lochkelle aus dem Fett heben und flach ausgebreitet auf Küchenpapier abtropfen lassen. Offen stehen lassen, damit er knusprig bleibt.
- Die drei Käsesorten reiben (beziehunsweise zerbröseln, wenn beim Surakäs das reiben nicht so gut geht) und vermischen.
- In einer großen Schüssel Mehl, Wasser, Eier und eine Prise Salz mit einem hölzernen Kochlöffel so lange verrühren, bis der Teig bindet, aber noch Spuren von Dotter und Mehl sichtbar sind. Der Teig sollte nicht homogen, sondern “schlampig” verrührt sein.
- Am Ende sollte der Teig relativ fest und keinesfalls “rinnend” sein. Knöpfleteig ist fester als Spätzle- oder Nockerlteig.
- In einem großen Topf Salzwasser zum Kochen bringen und den Teig portionsweise ins Wasser hobeln. Nicht zu viel auf einmal, sondern in Etappen.
- Wenn die Knöpfle obenauf schwimmen, werden sie mit einer Lochkelle abgeschöpft und in eine gebutterte Schüssel gehoben. Darauf ein paar Butterflocken und einen Teil der Käsemischung geben und leicht untermischen.
- Darüber kommt die nächste Lage Knöpfle, Butter und Käse – und so weiter.
- Obenauf kommt etwas Röstzwiebel als Topping, der Rest wird separat serviert.
Kartoffelsalat:
- 600 g speckige (festkochende) Kartoffeln. Wir verwenden die Sorte “Ditta”
- 60 g rote Zwiebel
- 1 TL Lustenauer Senf (scharf) oder Estragonsenf, kein Dijon!
- 250 ml Bouillon (Suppenbrühe)
- ca. 2-3 EL Apfelessig oder Weißweinessig
- ca. 5 EL Öl
- Salz, Pfeffer
- Zwiebel fein schneiden
- Kartoffeln kochen und schälen
- Zwiebel in eine Schüssel geben und mit kochender Bouillon aufgießen
- Essig, Öl, Senf, Salz und Pfeffer dazugeben, sowie ein zerdrücktes Stück Kartoffel. Kräftig verrühren, damit eine cremige Emulsion entsteht
- Kartoffeln in Scheiben hineinschneiden, solange sie noch warm sind
- mindestens 30 min ziehen lassen
Thanks For Sharing this amazing recipe. My family loved it. I will be sharing this recipe with my friends. Hope the will like it.
Liebe Kochgenossen,
In Ihrer Beschreibung heußt es: “Der Unterschied zwischen Spätzle und Knöpfle liegt in der Konsistenz: Knöpfle sind fester, kompakter und kleiner als Spätzle; ihr Biss ist mehr al dente. Teig und Hobel sind die gleichen, nur die Teigkonsistenz ist unterschiedlich. Dadurch ist die Arbeit am Hobel bei Knöpfle anstrengender als beim weicheren Spätzleteig.”
Dies ist nicht ganz richtig, denn Spätzlä (Mehrzahl) werden vom Brett geschabt und Knöpflä “gehobelt”. In Bayern werden sie durchs Sieb gestrichen und als Eierspätzle angeboten, obwohl es keine Spätzlä ohne Eier gibt. Auch das was aus dem Spätzlesdrücker kommt sind keine richtigen Spätzlä, aber immerhin besser wie die getrockneten, die es zu kaufen gibt.
Chnéffléné heißt das im Aostatal -und somit ist das nicht auf Vorarlberg beschränkt, sondern ein in den Alpen weit verbreitetes Rezept der “Cucina povera”. https://bwydbydbywyd.blogspot.com/2018/12/chnefflene.html?m=1
Aber nicht mit den 3 Käsesorten, oder?