Gehacktes oder – wie wir sagen – faschiertes Fleisch, das in einer Teighülle gekocht wird, ist in Österreich ein uraltes Speiseformat.
Archäologische Funde von prähistorischen Pfahlbauten am Mondsee weisen darauf hin, dass man solche Knödel schon vor fast 6000 Jahren kannte.
Zahlreiche lokale Varianten gehören auch heute noch zur kulinarischen Identität vieler Regionen, wobei der Schwerpunkt der Fleischknödelkultur im oberösterreichisch-bayerischen Raum liegt. Auch die Namen sind zahlreich: Fleischknödel, G’hackknödel, Grammelknödel, Speckknödel, Selchknödel, Bratknödel, Wurstknödel und – am elegantesten – Hascheeknödel. Mit diesem wollen wir uns hier beschäftigen.
Das Haschee (von Französisch haché = gehackt) war in der Altwiener Küche als kleine Vor- oder Zwischenspeise beliebt. Franz Maier-Bruck beschreibt es als gebratenes, gekochtes oder gedünstetes Fleisch, gehackt oder faschiert, in Butter erhitzt, mit Sauce gebunden und mit Gewürzen abgeschmeckt, zum Beispiel Wildhaschee, Kalbfleischhaschee oder Hühnerhaschee. J.M. Heitz schreibt 1902 in seiner “Wiener Bürger-Küche”: Die elegante Welt Alt-Wiens ging gern zum Stiebitz, Demel oder Gerstner auf ein Gabelfrühstück; man aß “nur einen Bissen” Hascheekrapferl und trank dazu ein Glas Wein.
Im Grunde ist der Hascheeknödel ein geniales Konzept zur Restlverwertung: theoretisch kann alles mögliche hinein kommen, zum Beispiel Reste vom Schweinsbraten, gekochtes Rindfleisch, Geselchtes, Faschiertes, Speck, Kochschinken oder Würste. Ein wesentliches Merkmal ist, dass das Fleisch für die Fülle bereits gegart ist, bevor es faschiert wird.
Wir beschränken uns bei diesem Rezept auf 2 Zutaten: gekochtes Geselchtes (Rauchfleisch vom Schwein) und gekochtes Rindfleisch, und zwar am besten das Beinfleisch, das bei uns ohnehin regelmäßig bei der Herstellung unseres Suppenfonds anfällt und im Tiefkühler vorrätig ist. Es ist besonders geschmacksintensiv und saftig, mit einem nicht unwesentlichen Fettanteil. Das bringt Aroma und Geschmeidigkeit.
Der potentielle Feind des Hascheeknödels ist die Trockenheit. Besonders bei der Verwendung von magerem Faschierten kann die Fülle allzu fest und staubtrocken geraten. Dagegen hilft eben ein gewisser Fettanteil und ein Trick, den wir aus der chinesischen und georgischen Teigtaschenküche kennen: mit etwas geliertem Suppenfond kann man die Saftigkeit der Farce regulieren. Wenn man den nicht hat, verwendet man einfach Rindsuppe oder Wasser.
Bei den chinesischen Xialongbao und den georgischen Khinkali geht das soweit, dass die Füllung in heißer Flüssigkeit schwimmt. Das wäre beim Hascheeknödel allerdings übertrieben – doch eine saftige und lockere Farce ist eine Grundvoraussetzung für die Köstlichkeit dieses Gerichts.
Der klassische Hascheeknödel wird mit flaumigem Kartoffelteig zubereitet, mit gebräunter Butter übergossen und mit Schnittlauch bestreut. Der Fleischanteil ist dabei erstaunlich gering: bei diesem Rezept wird nur ein Kilo Fleisch für 14 – 15 Portionen verwendet; das entspricht knapp 70 Gramm pro Portion (2 Knödel) – etwa ein Drittel einer “normalen” Fleischportion.
Die ideale Beilage ist ein warmer Krautsalat oder gekochtes Sauerkraut. In Wien ist auch Blattsalat gebräuchlich, zum Beispiel Jägersalat (Chinakohl).
Zutaten für ca. 28-30 Knödel (14-15 Portionen):
Die Knödel lassen sich hervorragend auf Vorrat einfrieren!
Fülle:
- 500 g gekochtes Rindfleisch, am besten Beinfleisch
- 500 g Geselchtes (Rauchfleisch vom Schwein), gekocht
- 1 große Zwiebel
- 2 Knoblauchzehen
- Petersil (fein gehackt 4 gehäufte EL)
- 1 gehäufter EL Majoran (getrocknet)
- Muskatnuss
- etwas Rinderbouillon zum saftig halten der Fülle
- Salz & Pfeffer
Teig:
- 1,6 kg mehlige Kartoffeln
- 600 g griffiges Mehl
- 150 g Weizengrieß
- 100 g weiche Butter
- 2 Eier
- Muskatnuss
- Salz
- Butter zum Bräunen
- frischer Schnittlauch
Zubereitung:
- die beiden Fleischsorten grob würfeln und im Fleischwolf faschieren (nicht zu fein)
- Zwiebel kleinwürfelig schneiden, Knoblauch fein hacken
- Zwiebel in etwas Öl sanft glasig anschwitzen, gegen Ende den Knoblauch dazugeben und kurz mitbraten
- Zwiebel und Knoblauch zum faschierten Fleisch dazugeben, ebenso 1 EL Majoran, 4 EL gehackter Petersil und geriebene Muskatnuss
- mit Salz & Pfeffer abschmecken und mit etwas Bouillon saftig halten
- ca. 28 bis 30 kleine Fleischbällchen aus der Masse formen und für 1 bis 2 Stunden in den Tiefkühler stellen (dann lassen sich die Knödel leichter formen)
- Kartoffeln kochen, warm schälen und noch warm in eine große Schüssel pressen
- 100 g weiche (zimmerwarme) Butter untermischen, ebenso 150 g Weizengrieß, 2 Eier, Muskatnuss und Salz
- 600 g griffiges Mehl nach und nach unterrühren
- den Teig zügig und nicht zu lange kneten
- die Arbeitsfläche mit Mehl einstauben und eine lange Rolle aus dem Teig formen
- diese Rolle in gleich viele Scheiben schneiden, wie es Fleischbällchen gibt
- Teigscheiben etwas flach drücken und die Fleischbällchen umwickeln und gut verschließen
- die Knödel mit den Händen gut pressen und auf der mehlierten Unterlage rollen
- Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen und dann reichlich salzen
- Knödel in das sprudelnd kochende Wasser einlegen und dann die Hitze reduzieren, sodass gerade keine Blasen mehr aufsteigen und die Knödel im fast kochenden Wasser ziehen
- nach etwa 25 min schwimmen sie auf und sind fertig
- Butter in einer Pfanne schmelzen und sobald sie zu schäumen beginnt, Hitze reduzieren und mit einem Schneebesen durchschlagen. Sobald sie beginnt zu bräunen, die Pfanne sofort von der Flamme nehmen und unverzüglich in eine vorgewärmte Schüssel leeren. (In der heißen Pfanne würde sie verbrennen, auch wenn diese nicht mehr am Herd steht)
- frischen Schnittlauch schneiden
- die Knödel mit brauner Butter und Schnittlauch servieren
- dazu passt ein warmer Krautsalat
Hallo zu meiner Zeit als Kochlehrling (vor vierzig Jahren) wurde die rohe Zwiebel einfach mitfaschiert. Der ausgetretene Saft hat sich wunderbar mit dem Haschee vermengt. Statt der Butter über die Knödel gab es Bratenfett vom Schweinsbraten (eignet sich auch statt der Bouillon). Auch Reste vom Schweinebraten, Wiener Wurst oder Knacker hebt das Aroma. Sonst perfektes Rezept koch ich gerne genau so