Eine köstliche Rarität – heisse Bouillon in der Füllung
Khinkali (bitte tirolerisch aussprechen: das kh am Beginn ist ein Kehllaut, irgendwo zwischen schnarchendem ch und kehligem r angesiedelt) sind eine Besonderheit in der Welt der Teigtaschen: die Füllung besteht aus gehacktem Fleisch, das in der Flüssigkeit einer würzigen, heissen Bouillon schwimmt.
Dieses Konzept ist uns sonst nur aus China und Taiwan bekannt, wo die teilweise flüssig gefüllten Xialongbao als Inbegriff des Teigtascherl-Genusses gelten.
Während dort ein Stückchen gekühlte, gelierte Bouillon zur rohen Fleischfülle dazugegeben wird, ist die georgische Methode einfacher: das faschierte Fleisch wird einfach mit kaltem Wasser vermischt.
Khinkali sind meist relativ groß und werden mit der Hand gegessen. Dabei hält man die Spitze (georgisch kudi „Hut“), die kühler ist als der Inhalt, wie den Stiel eines Sektglases, beißt etwas Teig ab und trinkt den Saft aus der Tasche, dann isst man den Rest. Der dicke Teigstiel wird gewöhnlich nicht mitgegessen, doch hindert einen niemand daran, es trotzdem zu tun.
Dicker Teig ist geil!
In der Welt der gekochten Teigtascherl gibt es für uns zwei konträre Traditionen: die “Schule des dünnen Teiges”, in der versucht wird, den Teig so fein und dünn wie möglich hinzubekommen. Sie entstammt aus den aristokratischen und großbürgerlichen Küchen, in denen es auch um Prestige und Statussymbole geht. Dünner Teig und kleine Formate sind teuer und elitär, weil arbeitsintensiv. Sie sagen etwas über Reichtum und Macht des Essers aus. Typische Vertreter sind chinesische Xiaolongbao, italienische Ravioli und türkische Manti.
Die “Schule des dicken Teiges” ist vergleichsweise derb, bäuerlich und pragmatisch. Übertriebener Arbeitsaufwand wird dabei tunlichst vermieden, also sind die Taschen groß und der Teig vergleichsweise massiv. Khinkali sind die typischen Vertreter dieser Tradition, aber auch Kärntner Nudeln oder Maultaschen.
Für uns bringen beide Traditionen großartige Produkte hervor, aber der “dicke Teig” bewirkt ein besonders intensives haptisches Mundgefühl beim Essen und ist auf jeden Fall eine Entdeckung wert, wenn man das Mantra der “noblen Feinheit” einmal beiseite lassen kann. Dicker Teig ist geil!
Kochgenossin Tami Jervalidze zeigt uns, wie man diese Spezialität zubereitet.
Zutaten für ca. 40-50 Stück:
- 1 kg Weizenmehl (glatt)
- 600 g Faschiertes (Hackfleisch) von Rind & Lamm gemischt – oder Rind & Schwein nach Belieben. Ein bisschen Fett sollte auf jeden Fall dabei sein
- 1 mittelgroße, rote Zwiebel
- 1/2 Bund frischer Koriander
- 2 TL Kreuzkümmel, gemahlen
- schwarzer Pfeffer
- Salz
Zubereitung:
- 800 g Mehl (der Rest wird zum Stäuben gebraucht) mit kaltem Wasser und 1 TL Salz zu einem Teig verkneten und mindesten 10 min rasten lassen
- Zwiebel und Koriander sehr fein hacken
- Kreuzkümmel im Mörser fein mahlen
- Fleisch in einer Schüssel mit Zwiebel, Koriander, Kreuzkümmel, Pfeffer und Salz vermengen, dabei immer wieder mit kaltem Wasser aufgießen. Im Endeffekt sollte mehr Wasser als Fleisch verwendet werden (wir haben fast einen Liter mit 600 g Fleisch gemischt!). Die benötigte Wassermenge hängt auch davon ab, wie fett das Fleisch ist. Mageres Fleisch braucht mehr Wasser. Es also ein bisschen Gefühlssache – die Fülle sollte sehr weich sein, aber nicht rinnen.
- den Teig ca. 1 cm dick auswalzen und in Scheiben mit etwa 5 cm Durchmesser ausstechen
- diese Teigrohlinge in reichlich Mehl wenden und paarweise zusammendrücken (wie ein Sandwich mit Mehl dazwischen)
- Teigrohlinge einzeln auf etwa 1 mm Stärke auswalzen, sie sollten dann gut 12 cm Durchmesser haben
- mit einem Löffel etwas Fülle in die Mitte platzieren, Teigrand hochklappen und rundherum in Falten legen, in der Mitte zu einem Stiel zusammendrücken
- reichlich Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen, dann salzen
- sobald das Wasser wirklich sprudelnd kocht, Khinkali hineingeben. Mit einem Kochlöffel vorsichtig umrühren, damit nichts am Topfboden anklebt
- ca. 10 min kochen, dann abdrehen und mit etwas kaltem Wasser abschrecken – erst dann herausnehmen (Die versierte Khinkali-Köchin erkennt den richtigen Zeitpunkt zum Rausnehmen an der Struktur des Teiges – wenn er beginnt “aufzugehen”)
- heiß servieren und mit schwarzem Pfeffer würzen
Liebe Kochgenossen,
Eure Beiträge und Anleitungen sind große Klasse. Euer Buch, die kultur-anthropologische Sicht, die Leidenschaft und Hingabe, das Einfache und Originale der Gerichte und das völlige Fehlen von Chi Chi und Ki Ki Begeisterung bei mir ausgelöst. Jetzt toppt Ihr das auch noch mit einer bezaubernden Begleitmusik zum Video über die Zubereitung von Khinkali. Seid so nett, und lasst mich bitte wissen, wer da singt!
Merci für alles!
Herzlich
Nikolaus A. Nessler
Lieber Nikolaus A. Nessler,
Vielen Dank für die Blumen, das freut uns sehr! Die Musik ist auch quasi selbst gekocht: “Riga” aus dem Album “Langoth – Sentimental Cooking”, die Sängerin ist Melinda Stoyka.
Liebe Grüße von den Kochgenossen
Lecker! Ich habe heute Khinkali nach eurem Rezept gemacht – allerdings noch unter Zugabe von Knoblauch und viiiel Estragon in die Fleischmasse, denn so kenn ich das. Und dann reinbeißen, nuckeln, knabbern, schlabbern…. Aaah…das ist für mich das Aroma von Georgien! Herrlich!