Was die Kochgenossen in der Locanda Mossa dei Barbari essen:
- Polenta con lardo e formaggio – angebratene Polentascheiben mit einer hauchdünnen Schicht schmelzendem Lardo (weißer Speck), mit Käse und frischem Pfeffer obendrauf – wie fast alle Speisen in der Toskana radikal simpel und überaus gut.
- Acqua cotta – wörtlich übersetzt: “gekochtes Wasser”. Ein uraltes, einst weit verbreitetes Speiseformat, von dem sich der Begriff “Suppe” herleitet: das ursprüngliche, gotische Wort suppa bedeutet “eingeweichtes Brot”. Nur im Italienischen hat sich dieser Ursprung erhalten. Eine zuppa ist also immer etwas Flüssiges mit eingeweichtem Brot. Und die toskanische acqua cotta ist eine der köstlichsten Umsetzungen dieses ungemein archaischen Speiseformats: Brot, Gemüsesuppe (Zwiebel, Stangensellerie, Tomaten, Kohl), ein dotterweiches Ei, Pecorino und Olivenöl! Das ungesalzene, immer etwas altbackene Brot der Toskana ist dafür ideal. Einst ein schlichtes Arme-Leute-Essen, das seinen Ursprung in der Maremma haben soll, heute ein Beweis dafür, wie man aus schlichten und billigen Zutaten Köstlichkeiten zaubern kann, wenn man nur das richtige Handwerk beherrscht. Douze points!
- Pici al ragu – pici sind einzeln von Hand gerollte Nudeln, also eigentlich das archaischste, was man aus Nudelteig machen kann. Unaufmerksamen Essern mag es affig erscheinen, dass man sich heutzutage diesen Aufwand antut, doch den Achtsamen wird sofort auffallen, dass sich da ein ganzes Universum an haptisch-taktiler Wahrnehmung auftut! Zunge und Gaumen sind in der Lage, die Komplexität und die handwerkliche Unregelmäßigkeit zu “lesen” und das Zusammenspiel von unterschiedlichen Texturen zu genießen. Wahrhaftig geil!
- Gnocchi di patate al ragu di cinghiale – Essen ohne Wildschwein ist in der Toskana unvorstellbar. In den unzugänglichen Wäldern der Hügel wimmelt es von den Borstentieren, die vor allem als klassisches Ragu hervorragend schmecken. Zarte Kartoffel-Gnocchi, flaumig wie kleine Wölkchen, sind eine ideale Grundlage dafür.
- Cervello fritto – Hirn hat ein unverwechselbares, völlig eigenständiges Aroma und ist buttrig zart. Kein Gewürz stört hier die Eigenaromen, schlicht und pur ist es mit einem Hauch von Backteig knusprig umhüllt. Mehr braucht es nicht.
- Frittura di verdure – Bei diesem Gericht merkt man, wie liebevoll und aufmerksam die Damen der Küche mit ihren Zutaten umgehen: erlesene Stückchen von frisch aus dem Garten geerntetem Gemüse (unter anderem ganze Salbeiblätter) in einem erstaunlich kräftig gesalzenen Hemdchen aus Backteig. Doch der Kontrast zwischen salziger Hülle und mildem Inhalt ist spannend und genau richtig.
- Dolci della casa – auch die Desserts sind hier ganz besonders gut. Wir empfehlen zum Beispiel die torta della nonna, die hier ganz anders daherkommt, als die sonst so oft zitronenzuckerlartigen Exemplare der internationalisierten Italienischen Küche. Diese hier ist viel dezenter, zarter, frischer und harmonischer! Für uns eine neue Referenz.
Ein kulinarisches Paradies hoch über der Ebene der Maremma:
Die Lage dieser Locanda ist atemberaubend! Am Rand des Dorfes Buriano, das wie ein Adlernest am Gipfel eines steilen Hügels thront, überblickt man von hier einen beträchtlichen Teil Italiens: Im Westen taucht die tiefstehende Sonne ein endloses Hügelland in goldenes Honiglicht, während sich nach Osten und Süden die riesige Ebene der Maremma mit der Stadt Grosseto ausbreitet. Bei klarem Wetter sieht man übers Meer bis zur Insel Giglio, wo 2012 das Kreuzfahrtschiff “Costa Concordia” auf Grund gelaufen war.
Man kann hier nicht nur essen, sondern auch Zimmer mieten oder von den Terrassen den hinreissenden Ausblick genießen.
radikal traditionell und schlicht
Die Küche im “Mossa dei Barbari” ist radikal traditionell und schlicht, wie fast überall in der Toskana, doch wird hier mit ganz besonderer Hingabe und Aufmerksamkeit gekocht. Für uns ist das Lokal deshalb eine herausragende Erscheinung unter vielen anderen guten Restaurants, die wir in der Gegend kennengelernt haben.
Der Opa bedient den Holzkohlengrill im Freien und die Oma pflückt die Kräuter im Garten.
eine klar strukturierte kulinarische Muttersprache
Die toskanische Küche ist vermutlich das Konservativste, was es an Kochtraditionen gibt. Kein Wunder, dass sich hier uralte Speiseformate erhalten haben, die überall sonst verschwunden sind.
Das zentrale Gestaltungsprinzip ist das Weglassen von Allem, was überflüssig ist. Außer Pfeffer werden kaum Gewürze verwendet und in vielen Fällen wird sogar auf Salz verzichtet, etwa beim – zugegebenermaßen sehr gewöhnungsbedürftigen – Brot oder beim Grillen einer bistecca fioentina. Es geht um den unverfälschten Eigengeschmack der Zutaten. Das wichtigste dabei ist deren Frische und Qualität.
Persönliche Kreativität beim Kochen wird hier definitiv nicht geschätzt, man ist tief und kompromisslos verwurzelt in uralten Traditionenen. Die ganze Küche dreht sich ausschließlich um lokale Produkte: Brot, Zwiebel, Wildschwein, Steinpilz, Pasta, Tomaten, Pecorino, Olivenöl…
Hier wird eine klar strukturierte kulinarische Muttersprache “gesprochen”, wie kaum sonst wo in der Welt!
Die Preise sind übrigens sehr moderat und – wenn man bedenkt, wieviel liebevolle Handarbeit dahinter steckt – sogar saugünstig!